Wo bleibt Europas Antwort? Kommentar der "Fuldaer Zeitung" (13.12.) zu Nord Stream 2 / US-Sanktionen
(ots) - Keine Frage, dass der Deal mit dem russischen Staatskonzern
Gazprom zur Errichtung der Ostseepipeline Nord Stream 2 ein Pakt mit Mephisto
war. Wer sich ein Stückweit in Abhängigkeit eines Staates begibt, der unliebsame
Bürger mitten in Berlin hinrichten lässt, sollte sich nicht wundern, wenn aus
der Abhängigkeit irgendwann Erpressung folgt. Es gibt jedenfalls aus deutscher
Sicht keinen Grund, das Böse ausschließlich westlich des Atlantiks in Washington
zu verorten. Putin ist, das sollte man nie vergessen, kein verlässlicher Partner
und Vereinbarungen, die er mit Deutschland oder anderen geschlossen hat, sind
das Papier nicht wert, auf dem seine Unterschrift steht.
Doch wo leben wir eigentlich, wenn plötzlich ein Dritter ins Spiel drängt, frei
vereinbarte Geschäfte torpediert und Sanktionen gegen Firmen verhängt, die sich
am Bau der Ostsee-Pipeline beteiligen. Die Begründung, dass man Europa vor
Schaden bewahren wolle, klingt ehrenhaft. Doch dass es sich um einen Wolf
handelt, der sich den Schafspelz umgelegt hat, ist offenkundig: Trump und mit
ihm die Demokraten und Republikaner in seltener Einigkeit, sehen Amerikas Felle
auf dem Gasmarkt davonschwimmen. Das durch teures Fracking gewonnene Flüssiggas
soll gewinnbringend in Europa verkauft werden - da ist eine von einem russischen
Staatskonzern gebaute Pipeline ein unfreundliches Hindernis. Amerika first!
Als Reaktion auf die beschlossenen US-Sanktionen wäre eine konzertierte Antwort
aus Europa angebracht. Doch stattdessen faucht - um im Bild der Tierwelt zu
bleiben - ein Chiwawa den Wolf an, was dieser kaum wahrnehmen wird. "Eingriffe
von außen und Sanktionen mit extraterritorialer Wirkung lehnen wir grundsätzlich
ab", sagte gestern Bundesaußenminister Maas - und in Europa blieb es auffällig
still. Denn Deutschland hat sich bei der Nord-Stream-Pipeline auch über Bedenken
der europäischen Partner hinweggesetzt.
Letztlich zeigt das Projekt, was passiert, wenn die Vernunft aussetzt und es nur
noch um geostrategische Interessen und Geld geht. Die USA wollen ihr
Fracking-Gas loswerden, koste es, was es wolle. Deutschland will
Versorgungssicherheit und billiges Gas aus Russland, und das ganze möglichst
ohne zusätzliche Kosten, die bei der Durchleitung durch andere Länder
entstünden. Dabei ignoriert man die Interessen der Ukraine, die bislang von
Erdgas-Transfers lebt und nun Gefahr läuft, finanziell auszubluten, was im
Interesse Putins wäre.
Auch wenn die USA das Projekt mit ihren Sanktionen nicht mehr stoppen werden:
Das transatlantische Bündnis zerfällt weiter. / Bernd Loskant
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Datum: 12.12.2019 - 19:55 Uhr
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