Bock zum Gärtner gemacht: Baden-württembergischer Justiz- und Europaminister Guido Wolf kann sein angebliches Verfassungsgutachten nicht vorlegen
(ots) - In der 100. Plenarsitzung der 16. Landtags-Wahlperiode brachte
der AfD-Landtagsabgeordnete Emil Sänze, Pressepolitischer Sprecher und
stellvertretender Vorsitzender der AfD-Fraktion, das "Gesetz zur Stärkung des
Landtags in EU-Angelegenheiten" zur zweiten Lesung ein und hielt die
entsprechende Plenarrede. Ziel des Gesetzes ist eine Neufassung des Artikels 34a
der baden-württembergischen Landesverfassung, der in EU-Angelegenheiten die
durch die Landesregierung im Bundesrat zu vertretenden "erheblichen Gründe des
Landesinteresses", insbesondere bei der Übertragung von einheimischen
Hoheitsrechten an die Europäische Union, aus dem willkürlichen Ermessen der
Landesregierung als Exekutive herauslösen und dieses Landesinteresse eindeutig
an ein Votum des Landtags als der Legislative bilden sollte. Das Votum des
Parlaments hätte damit als das Landesinteresse gegolten und wäre für die
Landesregierung bindend geworden. Zugleich sollte der Gesetzentwurf dem
Parlament einen Wissenschaftlichen Dienst zur Bewältigung seiner zunehmenden
Aufgaben beistellen, wie ihn in Deutschland neben dem Bundestag alle anderen
Länderparlamente haben. Dadurch sollte der schleichenden Selbstentmachtung des
Parlaments ein Riegel vorgeschoben werden: Denn wer sonst als die Volksvertreter
selbst können und müssen legitim das Landesinteresse definieren?
Absurde Verantwortungsscheu und Ausflüchte bei den Alt-Fraktionen
"Es war klar, dass der Gesetzentwurf abgelehnt würde, weil er von der AfD
kommt", bilanziert Emil Sänze, Initiator des Gesetzentwurfs. "Wir wollten einem
Parlament seine Bedeutung und sein Selbstbewusstsein zurückgeben, das sich in
seiner Entmündigung mehrheitlich leider sehr bequem eingerichtet hat. Man ist
stolz auf seine Privilegien - scheut aber die Verantwortung vor dem Bürger und
drückt diese in blinder Untertanenmentalität an windige und demokratisch kaum
legitimierte EU-Zentralismen ab. Dabei stand in Karlsruhe das erste Parlament
Deutschlands und Baden und Württemberg haben sich als Staaten konstituiert,
bevor es die Bundesrepublik gab." Sänze musste aus den Reihen der Alt-Fraktionen
die absurdesten Vorwürfe an das AfD-Projekt gewärtigen: Die FDP warf ihm
beispielsweise vor, er wolle mit der gestärkten Entscheidungsmacht des Landtags
das Parlament mit Arbeit überschwemmen und dessen Handlungsfähigkeit blockieren.
Europaminister Guido Wolf (CDU) verstieg sich gar zu der windigen Behauptung,
"Überinformation" sei "Desinformation"(!) und der Gesetzentwurf drücke ein
unschönes Misstrauen gegenüber dem Abstimmungsverhalten der Landesregierung im
Bundesrat aus. Sänze kritisiert die Mehrheitsfraktionen deshalb scharf: "Dieses
gegenüber der Landesregierung aufdringlich ''schmusige'' Konsensparlament
versichert an deren Adresse in treuherziger Einfalt, es vertraue ja der
Regierung, dass diese sie rechtzeitig über wichtige EU-Entwicklungen und
Vorhaben ins Bild setze. Es habe doch immer geklappt. Man wird hier gewählt, die
Exekutive seriös zu kontrollieren, nimmt dafür von den Bürgern 8210 Euro im
Monat samt allen möglichen Ehrungen mit, dient sich der Exekutive an - und ist
noch stolz auf diese leistungsverweigernde Kungelei."
Bock zum Gärtner gemacht: Minister Wolfs nie vorgelegte "Prüfung" der
Verfassungsmäßigkeit
Am 25. November erhielt Sänze die Antwort auf sein am 24. Oktober an Minister
Wolf gerichtetes Schreiben, in dem er um Aufklärung gebeten hatte, was denn
angeblich an dem von ihm eingebrachten Entwurf nicht mit der Landesverfassung
vereinbar sei. Wolf hatte in seinem Auftritt vor dem Plenum am 16. Oktober
allein siebenmal (!) ohne jeden Beleg behauptet, der AfD-Entwurf, "widerspricht
unserer Verfassung" oder sei "verfassungsrechtlich bedenklich". "Den Beweis für
seine kühne Behauptung ist Wolf mir, dem Parlament und der gesamten
Öffentlichkeit erwartungsgemäß bis heute schuldig geblieben", bemerkt Sänze. "In
seinem Schreiben will Wolf von einem verfassungsrechtlichen Gutachten nichts
wissen. Er behauptet jetzt schlicht, das Ministerium für Justiz und Europa -
also er! - habe eine rechtliche Prüfung des Gesetzentwurfes vorgenommen.
Ergebnisse, amtliche Papiere, Rechtsgutachten - schon gar aus unabhängiger
Quelle - legt er absolut keine vor. Genau dafür hätten wir hier einen
Wissenschaftlichen Dienst gebraucht, um die Interessen des Parlaments zu wahren.
Ich folgere: Ein Gutachten, das die angebliche Verfassungswidrigkeit unseres
Gesetzentwurfs belegen soll, existiert schlicht nicht, sonst würde es endlich
beigebracht. Ein so verächtlicher Umgang der Regierung mit dem Parlament, das
dreiste Aufstellen von nicht belegten Behauptungen, ist für die angebliche
Kretschmann''sche ''Politik des Gehörtwerdens'' ein Offenbarungseid: Sie spuckt in
ihrer völligen Unaufrichtigkeit dem Parlamentarismus unverblümt höhnisch in die
Seele. Dieses selbstentmannte Parlament hat sie damit davonkommen lassen - und
hat noch ''Danke, Herr Minister'' gesagt!"
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Datum: 04.12.2019 - 16:54 Uhr
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