Streitatlas 2019 -Öfter, länger, teurer: Jeder zweite Streit in Deutschland dauert länger als ein Jahr (FOTO)
(ots) -
- Ein Viertel der Nation ist in Streitigkeiten verwickelt
- Jeder zehnte Streit hat einen Wert von mehr als 10.000 Euro
- Marathon bei Streits: Jeder zweite dauert länger als ein Jahr
- Männer sind weitaus stärker auf Krawall gebürstet
- 30 Prozent der Streitfälle drehen sich ums Auto, der
Dieselskandal spielt eine große Rolle
- Ballungsräume in Nord- und Westdeutschland sind Streit-Hotspots
Wer einen Blick in "Deutschlands großer Streitatlas 2019" wirft, könnte meinen,
die Einwohner der Bundesrepublik wären stur oder gar trotzig. Denn geht es um
das eigene Recht, beweisen sie enorme Leidenschaft und extreme Ausdauer.
Dazu sagt Giovanni Liverani, Vorstandsvorsitzender der Generali Deutschland AG:
"Mit dem Streitatlas präsentieren wir eine detaillierte Analyse des
Streitverhaltens in Deutschland. Durch die Veröffentlichung möchten wir die
Gesellschaft für das steigende Risiko sensibilisieren, selbst im Alltag in
Rechtsstreititigkeiten verwickelt zu werden. Zudem unterstreicht der Atlas, wie
sich zum Beispiel Kosten und Dauer bei Disputen entwickeln und warum
Streitprävention im Interesse aller liegen sollte."
"Deutschlands großer Streitatlas 2019" belegt mit Zahlen und Fakten, wie in der
Bundesrepublik gestritten wird. Die groß angelegte Studie, die Generali
Deutschland auf Basis der Daten ihres Rechtsschutzversicherers Advocard alle
zwei Jahre durchführt, bietet bundesweit spannende Einblicke in die
Streitkultur.
"Seit unserem ersten Streitatlas haben wir gut 2 Millionen Streitfälle in
Deutschland ausgewertet. Diese einzigartige Datenbasis erlaubt uns wertvolle
Einsichten: Dabei beobachten wir, dass die Menschen immer häufiger und heftiger
miteinander streiten - insbesondere das private Umfeld bietet hierzu viele
Anlässe" sagt Peter Stahl, Vorstandssprecher der Advocard, dem
Rechtsschutzversicherer der Generali in Deutschland.
STREIT KOSTET ZEIT, GELD UND NERVEN
Fast die Hälfte aller Streitfälle (48 Prozent) dauert zwölf Monate und länger.
Im Vergleich zum letzten Streitatlas 2017 (Die Daten in "Deutschlands großer
Streitatlas 2017" basieren auf Zahlen aus dem Jahr 2016.) ist bei den
langwierigen Auseinandersetzungen eine Zunahme um 4,5 Prozent zu verzeichnen.
Dies hängt verstärkt mit der Langwierigkeit von Gerichtsprozessen zusammen, die
aufgrund vieler beteiligter Akteure und rechtlicher Handlungsoptionen, wie dem
Gang durch mehrere Instanzen, länger dauern können. Von diesen Möglichkeiten
wird auch immer mehr Gebrauch gemacht.
Was lange währt, wird vor allem auch eins: teuer. Bei jedem zehnten Streit liegt
der Streitwert bei mehr als 10.000 Euro. Im Vergleich zum vorherigen Streitatlas
ist dies ein Anstieg um 2,8 Prozent, wohingegen Auseinandersetzungen mit
niedrigen Streitwerten (bis 2.000 Euro) am stärksten abgenommen haben (-3,1
Prozent). "Unserer Erfahrung nach können die Verfahrenskosten ein Vielfaches des
eigentlichen Streitwerts ausmachen. Daher ist es sinnvoll, so früh wie möglich
eine einvernehmliche Einigung anzustreben - manchmal funktioniert es sogar, eine
neutrale Person als Vermittler, beispielsweise einen Mediator, hinzuzuziehen und
Streitigkeiten schnell abzuwenden", so Peter Stahl.
KRAWALL UND REMMIDEMMI IN NÖRDLICHEN UND WESTLICHEN BUNDESLÄNDERN
Im Vergleich der Bundesländer wohnen die größten Streithähne im Norden und
Westen der Republik und tragen dazu bei, dass das Streitaufkommen im
Durchschnitt bei 24,7 Streitfällen pro 100 Einwohnern liegt. Besonders
streitlustig: die Stadtstaaten Berlin (29,2) und Hamburg (28,8), die seit Beginn
der Erhebung die ersten beiden Plätze belegen. Im Vergleich zu 2016 (31,2) sind
die Berliner zwar etwas ruhiger geworden, aber nach wie vor Spitzenreiter. Peter
Stahl findet hierfür eine Erklärung: "Viele Menschen auf vergleichsweise engem
Raum steigern die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Konflikte entstehen."
Das mag auch der Grund sein, dass im bevölkerungsreichsten Flächenland
Nordrhein-Westfalen eine aufgeheiztere Stimmung herrscht (28,2). In
Mecklenburg-Vorpommern, dem Bundesland mit der geringsten Bevölkerungsdichte,
ist die Streitintensität um einiges geringer (23,8).
GROSSSTÄDTER AUF DER SUCHE NACH STREIT
In Städten herrscht häufiger ein rauer Ton, daher ist es wenig verwunderlich,
dass gerade in den Großstädten vermehrt gestritten wird. Die drei Stadtstaaten
als Bundesländer außen vorgelassen, liegen allein sieben Städte in der Liste der
Top-10-Streitstädte (über 300.000 Einwohner) in NRW. Die Jecken im Rheinland
verstehen dabei überraschenderweise am wenigsten Spaß: Köln als
Karnevalshochburg ist erstmalig Krawallhauptstadt (32,2). Am stärksten zugelegt
in Sachen Streit hat seit 2016 die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn (+0,8
Prozent).
GRÜNDE DES ZORNS
Im Land der Autofahrer und Autoliebhaber findet knapp ein Drittel aller Streits
rund um das Thema Straßenverkehr und Mobilität statt. Das Leben am Speed-Limit
sorgt dabei für hohen Blutdruck - mehr als jeder Vierte (26,0 Prozent) streitet
wegen vermeintlich ungerechtfertigtem Blitzen oder zu hohem Tempo. Weitere
konkrete Streitgründe sind Verkehrsunfälle (23 Prozent) oder
Auseinandersetzungen wegen Mängeln beim neuen Fahrzeug (10 Prozent), die zu
großen Teilen im Zeichen des Dieselskandals stehen.
Noch mehr fechten die Menschen in Deutschland Konflikte im Privat- und
Strafrecht aus - auf diese Kategorie entfallen rund 38 Prozent aller
Streitfälle: Von Familienangelegenheiten bis hin zu Reisemängeln sind die Gründe
sehr unterschiedlich. Das Arbeitsumfeld (13,1 Prozent) belegt den dritten Platz,
auf Platz vier landet der Bereich Wohnen und Miete (11,3 Prozent) und auf Platz
fünf Behörden und Finanzen (7,3 Prozent).
Im Arbeitsumfeld hängen die Gründe für Dispute häufig mit der Vergütung,
Arbeitszeugnissen oder der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zusammen. Die
Vergütung ist dabei der Hauptgrund (30,9 Prozent). Allerdings ist der Anteil an
Streitfällen zu Arbeitsthemen in diesem Jahr leicht rückläufig (-0,3 Prozent).
Der Streitatlas zeigt ebenfalls, wie unterschiedlich stark sich die Anzahl der
Streitigkeiten im Bereich Wohnen und Miete regional entwickelt.
Wohnungskündigungen und zu hohe Mietkosten sind beispielsweise überall
gewichtige Streitgründe: Gerade auf den heiß umkämpften Wohnungsmärkten der
Großstädte ist ein deutlicher Anstieg der Streitfälle in diesem Bereich zu
verzeichnen. Berlin liegt dabei sogar 50 Prozent über dem Bundesdurchschnitt.
Gründe für den Anstieg bei Wohnungsangelegenheiten können
Eigenbedarfskündigungen, die von Mietern und Mietvereinen angefochten werden,
oder auch die Mietpreisbremse sein, die bei Vermietern für Unmut sorgt. Doch
auch Nebenkosten¬abrechnungen erzürnen Mieter und lassen es zu Disputen mit dem
Vermieter kommen. Ein weiterer Klassiker der Streitgründe: Streit unter
Nachbarn. Ob zu laute Musik, falsch abgestellte Kinderwagen oder die über den
Zaun ragenden Äste von Nachbars Apfelbaum - die Gründe dafür sind vielfältig.
MÄNNER - DAS STREITSTARKE GESCHLECHT
Generell werden knapp zwei Drittel aller Streitigkeiten von Männern ausgetragen
(66,5 Prozent), Frauen scheinen das sanftere Geschlecht zu sein und sind
lediglich mit 33,5 Prozent in Auseinandersetzungen verwickelt. Die Auslöser des
Streits sind jedoch unterschiedlich: Bei Männern kocht der Zorn schneller hoch,
wenn es um Verkehr und Mobilität geht. Hier streitet sich jeder Dritte (32,8
Prozent). Frauen hingegen liegen bei Disputen im Bereich Privat- und Strafrecht
vorn (40,0 Prozent vs. 37,6 Prozent der Männer). "Möglicherweise zeigt sich hier
auch das Klischee, dass Frauen bei persönlichen Angelegenheiten das Zepter in
der Hand halten und Männer sich eher ums Auto kümmern", so Peter Stahl. Beim
weiblichen Geschlecht verraucht die Wut allerdings schneller wieder: Mehr als
jeder fünfte Streit (21,5 Prozent) wird innerhalb von drei Monaten geklärt,
Männer benötigen hier ein wenig mehr Zeit.
ZOFF UND ZWIST - EINE FRAGE DES ALTERS?
In der Mitte des Lebens sind die Menschen anscheinend besonders rechthaberisch:
Im Alter zwischen 46 und 55 Jahren streiten sie sich - statistisch gesehen - am
häufigsten (27,5 Prozent aller Streitfälle). Insgesamt nimmt jedoch auch der
Anteil der jüngeren Streithähne deutlich zu: Vor zehn Jahren (2009) waren junge
Erwachsene unter 36 Jahren für nur 13,9 Prozent aller Streitfälle verantwortlich
- heute sind es bereits 23,7 Prozent.
Alle Tabellen und Details zu Deutschlands großem Streitatlas 2019 finden Sie im
Anhang. Auswertungsdetails zu allen deutschen Landkreisen zeigt unsere
interaktive Karte auf http://ots.de/NBKgnX Diese können Sie bei Bedarf
kostenfrei in Ihr Angebot einbetten. Wenden Sie sich bei Interesse hieran bitte
direkt an uns.
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Datum: 21.11.2019 - 11:05 Uhr
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