Deutsche sorgen sich um medizinische Notaufnahme - Mehrheit scheut Verantwortung eines Ersthelfers
(ots) - Die Krankenhäuser überlastet, die Ärzte im Dauerstress: Die
Mehrheit der Deutschen macht sich Sorgen um die medizinische Notfallversorgung
in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt eine PwC-Befragung zu den Notaufnahmen
in deutschen Krankenhäusern. Gleichzeitig steigt bei jüngeren Patienten die
Erwartung an medizinische Services. Portalpraxen, ärztlicher
Bereitschaftsdienst, integrierte Notfallzentren und Notfallleitstellen könnten
entlasten, Notfall- und Erste-Hilfe-Apps die medizinische Versorgung sinnvoll
ergänzen. Die Mehrheit der Befragten scheut aber das Risiko, die Verantwortung
für ein Menschenleben als Ersthelfer zu übernehmen - die entsprechenden Kurse
liegen bei der Mehrheit der Befragten zu lange zurück.
94 Prozent der im August und September befragten 2.000 Deutschen sind der
Ansicht, dass die Notaufnahmen an deutschen Kliniken überlastet sind. Das
glauben vor allem ältere Menschen. Während aus der Gruppe der 18- bis
29-Jährigen 87 Prozent die Aussage voll und ganz bejahten, waren es bei den
Über-60-Jährigen sogar 98 Prozent. "Mit zunehmendem Alter steigt die
Wahrscheinlichkeit, tatsächlich Erfahrungen mit der Notaufnahme zu machen",
erklärt Michael Burkhart, Leiter des Bereichs Gesundheitswirtschaft bei PwC.
Dafür thematisieren jüngere Patienten häufiger die Angst, nicht rechtzeitig und
ausreichend behandelt zu werden. Personalengpässe sind für die Mehrheit der
Befragten der Hauptgrund für die Probleme in der Notversorgung. 57 Prozent der
Befragten halten vor allem Ärzte für besonders überlastet. Trotz aller Bedenken
ist allerdings der Vertrauensbonus in die medizinische Versorgung nach wie vor
vorhanden. Jeweils zwei Drittel (67 Prozent) sagen, dass die Notaufnahmen gut
organisiert seien und sie sich als Patient willkommen gefühlt haben. 77 Prozent
finden sogar, dass Personal und Ärzte sie gut betreut haben.
Unklarheit über Aufgaben des Notdienstes
Die Erwartung, Notaufnahmen könnten überlaufene Haus- oder Facharztpraxen
ersetzen, findet sich vor allem bei den jüngeren Patienten. 34 Prozent sind der
Meinung, dass die Behandlungsmöglichkeiten in Notaufnahmen aufgrund der dort
verfügbaren Fachärzte und des medizinischen Geräts grundsätzlich besser seien.
Ein Drittel der Jüngeren war in den vergangenen fünf Jahren mehr als dreimal in
der Notaufnahme - der häufigste Wert aller Altersgruppen. Auffällig ist, dass
sich die Erwartungshaltung nicht mit der landesgesetzlichen Definition des
Rettungsdienstes deckt. So wünschen sich 84 Prozent der Befragten eine
Behandlung zuhause durch einen Arzt. "Es ist offensichtlich, dass hier
Aufklärungsbedarf besteht", sagt Burkhart. "Der Mehrheit scheint nicht klar, was
ein Notfall ist und dass es Aufgabe von Rettungsdienst und Notarzt ist, den
Patienten zu stabilisieren und dann zu befördern. Eine ambulante Behandlung ist
nicht vorgesehen."
Die Angst, nicht behandelt zu werden
Insgesamt steigen laut Studie die Ansprüche jüngerer Patienten an die
medizinische Versorgung. "Die Ergebnisse deuten meiner Ansicht nach auf eine
veränderte Service-Erwartung bei der jüngeren Generation hin. Aus vielen anderen
Branchen sind sie On-Demand-Dienstleistungen gewohnt und übertragen diese
Erfahrung tendenziell auf das Gesundheitswesen", sagt der PwC-Experte. Demnach
fühlen sich vor allem jüngere Patienten vernachlässigt. 41 Prozent der 18- bis
29-Jährigen gegenüber 33 Prozent aller Befragten glauben, dass andere Patienten
eher behandelt worden seien als sie selbst. Mehr als ein Drittel (34 Prozent der
18-29-Jährigen gegenüber 24 Prozent insgesamt) haben Angst, überhaupt nicht
behandelt zu werden; sie haben den Eindruck, dass sie aufgrund langer
Wartezeiten vergessen werden. "Beinahe die Hälfte bemängelt, dass die Ärzte zu
wenig Zeit für sie haben", sagt Burkhart. 25 Prozent fühlen sich in der
Notaufnahme fehl am Platz. "Das deutet darauf hin, dass die junge Generation oft
nicht richtig einschätzen kann, wann sie in die Notaufnahme gehen sollte und
wann der Besuch beim Hausarzt ausreicht", sagt der PwC-Experte.
Portalpraxen, ärztlicher Bereitschaftsdienst, integrierte Notfallzentren und
gemeinsame Leitstelle könnten Notaufnahmen entlasten
Befragt nach der Krankenhaus-Strukturreform, in deren Folge kleinere Kliniken
schließen und sich die Versorgung an weniger Standorten konzentriert, äußerte
fast drei Viertel der Befragten (74 Prozent) die Sorge, dass sie im Notfall
nicht schnell genug versorgt werden. Wenn aber statt Notaufnahmen ein ärztlicher
Bereitschaftsdienst zur Verfügung stünde, würden sich mehr als drei Viertel der
Befragten keine Sorgen machen (76 Prozent). Das gilt auch, wenn ein
Rettungswagen oder Notarzt schnell genug vor Ort wäre. PwC fragte aber auch nach
der Haltung zu Vorschlägen, die Notaufnahmen entlasten könnten. Überwiegende
Zustimmung (92 Prozent) erhielt dabei eine gemeinsame Notfallleitstelle der
Notrufnummern 112 sowie 116 und 117, die Patienten je nach Bedarf etwa an den
Rettungsdienst, ein integriertes Notfallzentrum oder eine Arztpraxis vermittelt.
Mit 89 Prozent ähnlich hoch war die Zustimmung zu integrierten Notfallzentren an
bestimmten Krankenhäusern, die gehfähige Patienten je nach Beschwerden an die
passende Stelle weiterleiten (z. B. Notaufnahme, Arztpraxis). Für ein geeignetes
Mittel zur Entlastung von Notaufnahmen halten die Befragten zudem Portalpraxen,
also Bereitschaftsdienstpraxen, die direkt an Notaufnahmen von Kliniken
angegliedert und rund um die Uhr geöffnet sind: 91 Prozent halten dies für
sinnvoll. "Generell fühlt sich eine Mehrheit der Bevölkerung in deutschen
Kliniken gut versorgt. Portalpraxen bieten den Vorteil, dass Patienten immer ein
und denselben zentralen Anlaufpunkt an einer Klinik ansteuern - das gibt
Sicherheit", sagt Burkhart.
Skepsis bei Telemedizin für Notfälle
Zurückhaltend äußerten sich die Befragten beim Thema Telemedizin: Telekliniken,
die Sprechstunden über Video anbieten, begrüßten 42 Prozent. 58 Prozent stehen
dem Vorschlag eher ablehnend gegenüber. Verhältnismäßig gering ist die
Zustimmung zu Smartphone-Apps, die Vorabdiagnosen erstellen und an geeignete
Behandlungsstellen verweisen: Dies halten nur 37 Prozent der Befragten für
geeignet.
Notfall- und Erste-Hilfe-Apps gelten als sinnvoll
Befragt nach der Verbreitung von Notfall- und Erste-Hilfe-Apps zeigt sich, dass
lediglich fünf Prozent der Befragten solche Apps nutzen. "Aber fast die Hälfte
der Befragten sagt, sie könne sich das durchaus künftig vorstellen", sagt
Burkhart. Apps seien zwar noch wenig verbreitet, doch die Akzeptanz nehme zu.
Als sinnvolle Funktion empfanden 73 Prozent die Möglichkeit, über eine App den
Rettungsdienst zu verständigen. 68 Prozent halten Anleitungen zur Ersten Hilfe,
zum Beispiel zur Herzdruckmassage, für sinnvoll. Und 58 Prozent fänden eine
Unterstützung bei der Ersten Hilfe, etwa beim Rhythmus der Herzdruckmassage,
nützlich. Apps, die im Notfall qualifizierte Ersthelfer im Umkreis verständigen,
kennen die Befragten ebenfalls kaum: Nur elf Prozent hatten davon schon gehört,
wovon lediglich zwei Prozent solche Apps auch nutzen. Aber sieben von zehn
Befragten (69 Prozent) hielten solche Apps für sinnvoll. "Das Ergebnis zeigt das
große Potenzial, das App-Lösungen bei einer Vielzahl medizinischer
Fragestellungen haben", sagt der PwC-Gesundheitsexperte. Bei der Frage, ob sich
die Umfrageteilnehmer in einer App auch als Ersthelfer registrieren würden,
zeigte sich ein ambivalentes Bild: 37 Prozent antworteten mit ja, 44 Prozent
verneinten. 19 Prozent gaben an, eine solche App nicht zu kennen. "Die Mehrheit
scheut offensichtlich auch mangels Erfahrung vor dem Risiko zurück, als
Ersthelfer Verantwortung für ein Menschenleben zu übernehmen", sagt Burkhart.
Bei 38 Prozent der Befragten liegt der letzte Erste-Hilfe-Kurs zwischen drei und
20 Jahren zurück. Bei mehr als einem Viertel vergingen mehr als 20 Jahre - und
elf Prozent haben noch nie einen Erste-Hilfe-Kurs besucht.
Die Ergebnisse der Befragung finden Sie unter folgendem Link:
www.pwc.de/notfallversorgung
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Datum: 18.11.2019 - 09:19 Uhr
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