Interview mit dem Vorsitzenden des Sozial-und Gesundheitsausschusses des rheinland-pfälzischen Landkreistages Dr. Peter Enders zum Tabakwerbeverbot (FOTO)
(ots) -
Im Rahmen seiner Rathausgespräche lud Dr. Christian Moerchel am 28.10.2019 ins
Abgeordnetenhaus des Landtags in Mainz. Da es eine aktuelle Auseinandersetzung
um das Thema E-Zigaretten und Tabakerhitzer gibt, die in Deutschland zur Zeit an
den meisten Ärzten vorbei geführt wird, war es den Organisatoren wichtig, diese
Diskussion mit Inhalten zu füllen.
Weitgehend unbekannt sind beispielsweise die positiven Bewertungen der Food and
Drug Administration (FDA) aus den USA und des Bundesinstituts für
Risikobewertung in Deutschland zum Tabakerhitzer. Nicht der Tabak als solcher
ist schädlich, sondern seine Verbrennung. Im Tabakerhitzer wird der Tabak jedoch
lediglich erwärmt, nicht verbrannt. Wer sind die Adressaten dieser
Publikationen? Wer sieht neben dem Jugendschutz das gesundheitspolitische
Potential, das diese neuen Produkte für das deutsche Gesundheitssystem haben
könnten? Können sie dabei unterstützen, aktive Raucher vom Konsum herkömmlicher
auf Verbrennung basierender Papierzigaretten abzubringen?
Vor diesem Hintergrund hat Herr Dr. Michael Moerchel anlässlich des Mainzer
Rathausgespräches den Vorsitzenden des Sozial-und Gesundheitsausschusses des
rheinland-pfälzischen Landkreistages, Dr. Peter Enders zum geplanten
Tabakwerbeverbot interviewt.
Moerchel:
Die Bundesregierung hat gerade beschlossen, dass es zum 1. Januar 2022 ein
Tabakwerbeverbot geben soll. Was halten Sie davon?
Enders:
Zum Schutz der Jugend ist dieses Gesetz sinnvoll und lange überfällig. Wir sind
in der Europäischen Union das letzte Land, in dem Tabakaußenwerbung noch erlaubt
ist. Allerdings erreicht man durch Verbote von Plakaten den passionierten
Raucher nicht. Hier müssen andere Wege gegangen werden, um den aktiven Raucher
zum Rauchstopp zu motivieren.
Moerchel:
Ursprünglich war ein Tabakwerbeverbot schon für 2020 geplant. Was hindert die
Regierung daran, das Verbot sofort auszusprechen?
Enders:
Vom gesundheitlichen Aspekt wäre ein sofortiges Werbeverbot sicher das
sinnvollste, und der präventive Effekt würde früher einsetzen. Andererseits
bedürfen politische Entscheidungen und die Umsetzung von Gesetzen immer eines
entsprechenden Vorlaufs, so dass ein Zeitraum von zwei Jahren nicht ungewöhnlich
ist.
Moerchel:
Wie man lesen kann, soll es dem Vernehmen nach einen Kompromiss für E-Zigaretten
geben. Diese Produktkategorie soll vom Werbeverbot ausgenommen werden?
Enders:
E-Zigaretten enthalten keinen Tabak mehr und werden darum offenbar anders
bewertet. Insgesamt ist unklar, wie E-Zigaretten in Zukunft beispielsweise
steuerlich eingestuft werden. Außerdem setzen E-Zigaretten deutlich weniger
Schadstoffe in ihrem Aerosol frei als herkömmliche Verbrennungszigaretten. Ob
dieser gesundheitsrelevante Aspekt bei dem Kompromiss, die E-Zigaretten vom
Werbeverbot auszunehmen, eine Rolle gespielt hat, bleibt abzuwarten.
Moerchel:
Wenn Sie die geringe Schadstoffkonzentration in Aerosol von E-Zigaretten schon
ansprechen, dann darf ich Sie auch zum Tabakerhitzer befragen. Die US Food and
Drug Administration (FDA) in den USA hat sich vor kurzem positiv zu dem
gesundheitspolitischen Nutzen von Tabakerhitzern geäußert. Dazu soll er bei
Rauchern eine höhere Akzeptanz haben und Jugendliche weniger ansprechen als
E-Zigaretten. Warum soll diese Produktkategorie dann in Deutschland nicht auch
vom Werbeverbot ausgenommen werden?
Enders:
Vielleicht kennen die Entscheider in Berlin die aktuellen wissenschaftlichen
Bewertungen der FDA nicht, die neben Tabakerhitzern jüngst auch dem ebenfalls
tabakhaltigen Snus einen möglichen Beitrag zum Schutz der öffentlichen
Gesundheit beimessen. Letzterer darf zukünftig sogar in den USA damit werben,
geringere Risiken für bestimmte Krebserkrankungen zu haben, als
Verbrennungszigaretten. Die FDA hat längst den wissenschaftlichen Konsens
akzeptiert, dass ohne die schädliche Tabakverbrennung auskommende Produkte wie
Tabakerhitzer und Oraltabak insgesamt einen positiven Beitrag leisten können,
wenn Raucher komplett auf sie umsteigen. Diesen Konsens lässt die FDA in den USA
auch in Regulierungsmaßnahmen einfließen.
Moerchel:
Was kann das für Deutschland bedeuten?
Enders:
In Deutschland sollten die Entscheider in Berlin zum Beispiel die aktuellen
Zahlen des Bundesinstituts für Risikobewertung kennen, die eine eindeutige
Sprache sprechen: E-Zigaretten erfreuen sich unter Jugendlichen einer vielfach
höheren Beliebtheit als Tabakerhitzer, die fast ausschließlich von erwachsenen
Rauchern genutzt werden. Vor diesem Hintergrund sind Ausnahmen vom geplanten
Werbeverbot für E-Zigaretten, nicht aber für Tabakerhitzer, unverständlich. Es
scheint sich bei dem aktuellen Entwurf zum Tabakwerbeverbot tatsächlich um eine
rein politische Entscheidung zu handeln. Manchmal kommen dann offenbar logische
Argumente zu kurz.
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Datum: 08.11.2019 - 09:30 Uhr
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