BERLINER MORGENPOST: Zeichen gegen Antisemitismus / Kommentar von Jens Anker
(ots) - Mehr als 1000 Fälle antisemitischer Gewalt registrierte die
Berliner Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus im vergangenen Jahr.
Das entspricht pro Tag fast drei Taten. Dazu kommen noch die zahlreichen Fälle,
die von den Attackierten nicht zur Anzeige gebracht werden. Antisemiten
verlieren offenbar immer häufiger die Scheu davor, ihr menschenfeindliches und
rassistisches Gedankengut offen zur Schau zu stellen.
War bislang häufig von Einzeltätern die Rede, so muss das Bild spätestens jetzt
angesichts dieser Zahlen revidiert werden. Wie auch der Angriff eines
Antisemiten auf eine Synagoge in Halle vor zwei Wochen gezeigt hat, handeln
viele Täter vielleicht allein, aber sie wachsen in ein Milieu hinein, das sie
antreibt und bestätigt. Dagegen müssen der Staat und alle demokratischen Kräfte
vorgehen. Das parlamentarische Bündnis der Berliner Landespolitik, das nun den
Blick gegen antisemitische Taten in der Stadt schärfen will, zeigt dabei in die
richtige Richtung. Aber Appelle allein helfen nicht weiter. Es ist ein
strukturiertes und zielgerichtetes Handeln auf mehreren Ebenen nötig, damit das
Gift des Antisemitismus nicht in die offene Gesellschaft sickert und das
friedliche Zusammenleben gefährdet.
Dabei ist Prävention an Schulen genauso wichtig, das Aufstehen gegen
Alltags-Antisemitismus, der häufig mit einem verschwörerischen Lächeln gestreut
wird, wie auch die konsequente Arbeit der Ermittlungsbehörden. Gerade sie sind
es, die das Vertrauen in die politischen Institutionen garantieren. Jedes Zögern
kann potenzielle Täter zu weiteren Taten ermutigen und das Klima weiter
verrohen, jedes Verharmlosen spielt Antisemiten in die Karten.
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Datum: 28.10.2019 - 22:43 Uhr
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