NRZ: Eine Sicherheitszone ohne Partner funktioniert nicht - ein Kommentar von JAN JESSEN
(ots) - Es ist immerhin ein konkreter Vorstoß in einer Zeit,
in der aus Europa bislang außer den üblichen Phrasen wenig gekommen
ist: Eine international kontrollierte Sicherheitszone im Norden
Syriens, wie sie Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer
fordert, könnte den Menschen in der umkämpften Region helfen. Könnte.
Denn eine Umsetzung dieser Idee droht schon im Ansatz an der Realität
zu scheitern. Eine Einbeziehung der Türkei, wie sie die
CDU-Politikerin vorgeschlagen hat und die Ankara als
selbstverständlich ansieht, wird auf den Widerstand von Damaskus und
den kurdisch dominierten Selbstverwaltungsstrukturen in der Region
treffen. Russland steht fest an der Seite des Regimes in Damaskus und
hat keinen Grund, dessen vollständige Rückeroberung der Kontrolle
über das gesamte Staatsgebiet zu unterminieren. Die USA haben sich in
der Region disqualifiziert. Sie wären die einzigen, die
beispielsweise eine Flugverbotszone konsequent umsetzen könnten.
Bleiben die Europäer, konkret: Deutschland, Frankreich und
Großbritannien. London hat mit dem Brexit gewichtige innenpolitische
Probleme, in Frankreich steht Syrien ebenfalls nicht oben auf der
Tagesordnung, auch wenn Präsident Macron sich eindeutig gegen den
türkischen Überfall ausgesprochen hat. Ohnedies bleibt die Frage, was
mit den Zehntausenden radikalislamistischen Milizionären werden soll,
die im Norden marodieren. Anstatt bündnispolitische Planspiele zu
betreiben, die kurzfristig schwer umsetzbar sind, weil die Partner
fehlen, täte Deutschland besser daran, den Druck auf die Türkei
deutlich zu erhöhen, über Wirtschaftssanktionen oder die Verschärfung
der Reisehinweise. Bleiben die Touristen aus, tut das Ankara weh. Der
türkische Präsident Erdogan hat in den vergangenen Tagen gezeigt, wie
wenig er von Abmachungen hält, die Waffenruhe war eine Farce. Schon
Mittwoch könnten die Kämpfe an neuen Fronten ausbrechen. Nebenbei:
Vorstöße wie der von Kramp-Karrenbauer sollten in der Regierung
abgesprochen werden. Den eigenen Außenminister bloßzustellen, hilft
niemandem.
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Datum: 22.10.2019 - 16:21 Uhr
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