Doppelter Mindestlohn als Wahlgeschenk: Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr? / Parlamentswahlen in Polen
(ots) - In Polen wird am Sonntag den 13.
Oktober 2019 ein neues Parlament gewählt. Die aktuellen Prognosen
lassen einen Wahlsieg der derzeit regierenden Partei Recht und
Gerechtigkeit (PiS) erwarten und somit auch eine Fortführung der
gegenwärtigen Wirtschaftspolitik. Bei den Wählern konnte die PiS vor
allem mit umfangreichen Sozialprogrammen punkten.
Im Wahlkampf hat die Partei unter anderem eine deutliche Erhöhung
des Mindestlohns angekündigt. Bis Ende 2023 soll dieser auf
umgerechnet 940 Euro angehoben werden. Aktuell liegt dieser bei
ungefähr 490 Euro. 2018 haben rund 40 Prozent der Arbeitnehmer
weniger als 940 verdient. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt
lag im ersten Halbjahr 2019 bei 1.140 Euro. "Die Erhöhung würde einem
Anstieg von mehr als 90 Prozent entsprechen. Vor allem für die
kleinen Unternehmen in Polen wäre das eine große Herausforderung.
Hinzu kommt, dass sich ein so deutlicher Anstieg in diesem kurzen
Zeitraum sicherlich auch auf die Attraktivität als
Investitionsstandort auswirken wird - und zwar im negativen Sinne",
sagt Niklas Becker, Polen-Experte bei Germany Trade & Invest (GTAI)
in Warschau.
Der private Konsum gilt seit Jahren als feste Stütze des
polnischen Wirtschaftswachstums. Allein 2018 stieg das
Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorjahr um 5,1 Prozent.
Für die kommenden Jahre ist allerdings mit einem niedrigeren Anstieg
zu rechnen. So prognostiziert die Europäische Kommission für 2019 ein
Wachstum von 4,2 Prozent und für 2020 von 3,6 Prozent.
"Das sind grundsätzlich gute Nachrichten. Doch eine
Herausforderung bleibt bestehen: Für Unternehmen in Polen ist die
mangelnde Vorhersehbarkeit der Wirtschaftspolitik eine der größten
Herausforderungen. Seit dem Regierungswechsel 2015 hat die Anzahl von
Gesetzesänderungen, und die Geschwindigkeit mit der sie eingeführt
wurden, deutlich zugenommen", so Niklas Becker weiter.
Unabhängig des Wahlausgangs erwartet Becker eine Intensivierung
der deutsch-polnischen Wirtschaftsbeziehungen. "Die letzten vier
Jahre haben gezeigt, dass die Volkswirtschaften der beiden Länder
sich trotz Meinungsverschiedenheiten auf politischer Ebene noch enger
verzahnt haben", berichtet der Polen-Experte. Deutschland ist der mit
Abstand wichtigste Handelspartner für Polen. Rund ein Viertel des
polnischen Außenhandels findet mit dem Partner westlich der Oder
statt. Umgedreht baut Polen seine Bedeutung als polnischer
Handelspartner immer weiter aus. Im Jahr 2018 erreichte der
Warenaustausch zwischen den beiden Ländern ein Volumen von 119
Milliarden Euro.
Im Zeitraum Januar bis Juli 2019 stieg der Handel zwischen den
beiden Ländern um 4,5 Prozent an. Polen überholte in diesem Zeitraum
Großbritannien und belegte im Ranking der wichtigsten Handelspartner
den 6. Platz. Zusätzlich wurde der Abstand zu Platz 5 Italien im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum halbiert.
"Das anhaltend große Interesse deutscher Unternehmen am
Investitions- und Absatzmarkt Polen wird den Handel auch in den
kommenden Jahren weiter antreiben. Das stetig wachsende Engagement
polnischer Unternehmen in Deutschland wird ebenso dazu beitragen",
prognostiziert Becker. Immer mehr Firmen aus Polen erkunden den
deutschen Markt nicht nur als Export- und Absatz- sondern auch als
Investitionsstandort.
Germany Trade & Invest (GTAI) ist die
Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Die
Gesellschaft informiert deutsche Unternehmen über Auslandsmärkte,
wirbt für den Wirtschafts- und Technologiestandort Deutschland und
begleitet ausländische Unternehmen bei der Ansiedlung in Deutschland.
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Datum: 10.10.2019 - 08:00 Uhr
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