NOZ: Wolfgang Stumph: Ich wollte nie die DDR verlassen
(ots) - Wolfgang Stumph: Ich wollte nie die DDR
verlassen
Schauspieler: Wie hätte ich als Kabarettist im Westen auftreten
sollen? - Kluft zwischen Ost und West "wieder erkennbarer" als vor
ein paar Jahren
Osnabrück. Der Dresdener Schauspieler und Kabarettist Wolfgang
Stumph (73) hat vor dem Mauerfall 1989 zu keiner Zeit mit dem
Gedanken gespielt, die DDR zu verlassen: "Für mich war es nie die
Frage, meine Familie und Freunde oder mit der Familie meine Heimat,
meine Kultur, meine Kollegen und mein Publikum zu verlassen", sagte
Stumph im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Ein Kabarettist sei in seinen Augen jemand, der seine Meinung
öffentlich macht, sich öffentlich streitet und öffentlich aneckt:
"Mein Thema war diese DDR, wie sie funktioniert oder auch nicht. Wie
sollte ich mit diesen Ansichten und Erfahrungen als Kabarettist in
München oder anderswo auftreten? Das hätte man mir als Ostdeutschem
doch gar nicht abgenommen. Ich wäre mir vorgekommen wie ein
Augenarzt, der seine Patienten verlässt, um nun als Hautarzt
anerkannt zu werden." Es sei ja keine Schande, so gedacht zu haben.
Nur kurz nach der Wende avancierte Stumph mit dem Kinofilm "Go,
Trabi, Go" zum gesamtdeutschen Filmstar - seine Gage fiel allerdings
nicht entsprechend aus: "Man hat mich schon wie einen Ossi behandelt.
Mich hat''s aber nicht gestört - der Erfolg und die Wirkung des Films
bei den Menschen waren mir mehr wert als jede einzelne D-Mark." Mehr
sei es ihm darum gegangen, ein Mitspracherecht am Film und seiner
Figur zu haben.
Mit Bedauern beobachtet Stumph, dass die Kluft zwischen Ost und
West "wieder erkennbarer" sei als noch vor ein paar Jahren. Eine
Mitschuld daran gab er den Medien: "Man hat immer auf die da drüben
gezeigt, immer auf die unzufriedenen und verwöhnten Ostdeutschen
gezeigt. Das war für mich Ausdruck einer pseudosouveränen
Siegerhaltung derer, die sich auf der richtigen Seite wähnen. Damit
meine ich die Medien, und das beeinflusst Menschen."
Auch das Ansehen Dresdens habe durch die Berichterstattung
gelitten, meint der 73-Jährige: "Wenn am 13. Februar wieder
Rechtsradikale durch Dresden marschieren, dann ist immer die Rede von
Tausenden Dresdnern. Dabei hätte man sich in der Vergangenheit nur
mal die Mühe machen müssen, an den Autobahnabfahrten auf die
Nummernschilder und auf den Bahnhöfen zu gucken, woher die Leute auch
angereist kommen."
Für den hohen Anteil an AfD-Stimmen bei der Landtagswahl in
Sachsen hat der Schauspieler ebenfalls eine Erklärung: "Wenn man die
Leute fragt, die AfD gewählt haben, werden viele sagen, dass sie es
aus Protest getan haben, damit mit den Menschen und nicht über die
Menschen mehr geredet wird. Wer von unseren Wahlstimmen und
Steuergeldern lebt, muss auch Rechenschaft über seine Leistungen
ablegen und sich fragen, woher kommen diese Stimmen. Ich hoffe, die
Leute wollten einfach anecken, um etwas zu bewegen." Er bleibe
diesbezüglich "ein melancholischer Optimist".
Am Sonntag zeigt der MDR um 20.15 Uhr Stumphs Dokumentation
"GrenzenLos" über Menschen, die die DDR kurz vor dem Mauerfall
verließen.
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Datum: 28.09.2019 - 07:00 Uhr
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