ROG: Bundesrichter machen Hoffnung auf Ende der Vorratsdatenspeicherung
(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) begrüßt den Beschluss
des Bundesverwaltungsgerichts, dem Europäischen Gerichtshof die
offenen europarechtlichen Fragen zur deutschen
Vorratsdatenspeicherung vorzulegen. (https://ogy.de/j1r7)
"Dieser Schritt macht Hoffnung, dass einer pauschalen und
verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung in Deutschland bald
endgültig ein Riegel vorgeschoben werden könnte", sagte
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Der EuGH hat der
Vorratsdatenspeicherung schon 2016 enge Grenzen gesetzt. Es ist
höchste Zeit anzuerkennen, dass die aktuelle deutsche Regelung diesen
Vorgaben nicht genügt, sondern gegen Grundrechte verstößt."
Mihr ergänzte: "Die Bundesregierung sollte sich endlich ein- für
allemal von diesem überflüssigen und für die Pressefreiheit
schädlichen Instrument verabschieden. Deutschland braucht keine
pauschale Vorratsdatenspeicherung, sondern eine grundrechtskonforme
Regelung, damit die Sicherheitsbehörden in konkreten Verdachtsfällen
Verbindungsdaten schnell und gezielt aufzeichnen können."
SPEICHERPFLICHT SEIT 2017 AUSGESETZT
Dem Bundesverwaltungsgericht lagen die Revisionen gegen zwei
Urteile des Verwaltungsgerichts Köln vor. Dieses hatte entschieden,
dass die Speicherpflicht gegen Unionsrecht verstoße. Deshalb hatte
das Kölner Gericht die Kläger - einen Internetprovider und einen
Telefonanbieter -von der Pflicht zur Datenspeicherung befreit.
(https://ogy.de/uh2z) Ähnlich urteilte 2017 das
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster in einem
Eilverfahren. Daraufhin setzte die Bundesnetzagentur die Anwendung
der Speicherpflicht für alle betroffenen Unternehmen bis zu einer
rechtskräftigen endgültigen Entscheidung ausgesetzt.
Die Ende 2015 in Kraft getretene Wiedereinführung der
Vorratsdatenspeicherung in Deutschland sollte
Telekommunikationsanbieter nach dem Willen der großen Koalition
verpflichten, vom 1. Juli 2017 an die Verbindungsdaten aller Kunden
anlasslos zehn Wochen lang zu speichern (Standortdaten von Handys
vier Wochen lang). Ermittlungsbehörden könnten damit bei Verfahren zu
schweren Straftaten auf Abruf feststellen, wer wann wen angerufen hat
und wer sich wann und mit welcher IP-Adresse ins Internet eingewählt
hat.
VORRATSDATENSPEICHERUNG UNTERGRÄBT JOURNALISTISCHEN QUELLENSCHUTZ
Reporter ohne Grenzen kritisiert eine solche pauschale und
verdachtsunabhängige Datenspeicherung seit vielen Jahren, weil sie
den Schutz journalistischer Quellen untergräbt, zumal das Gesetz
Berufsgeheimnisträger nur unzureichend schützt: Ihre Verbindungsdaten
sollten zwar gespeichert, aber nicht verwendet werden. Auch steht der
tatsächliche Effekt der VDS auf die Aufklärungsrate von Straftaten in
grobem Missverhältnis zur Schwere des Grundrechtseingriffs.
ROG und andere Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen plädieren
deshalb seit langem dafür, die Vorratsdatenspeicherung durch ein
"System zur schnellen Sicherstellung und gezielten Aufzeichnung von
Verkehrsdaten" in konkreten Verdachtsfällen zu ersetzen
(http://t1p.de/ewvy). Entsprechende Forderungen sind auch Teil der
Internationalen Grundsätze für die Anwendung der Menschenrechte in
der Kommunikationsüberwachung, die ROG 2013 zusammen mit mehr als 260
Organisationen aus aller Welt beim UN-Menschenrechtsrat in Genf
vorgelegt hat und als Maßstab für bestehende und künftige Gesetze
betrachtet (http://t1p.de/ut2t).
EuGH-Urteil von 2016 lässt nur gezielte Speicherung zur Bekämpfung
schwerer Straftaten zu
Der heutige Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts nimmt wie
schon die Urteile der Vorinstanzen Bezug auf ein Urteil des
Europäischen Gerichtshofs vom 21. Dezember 2016. Darin kippte der
EuGH - angestoßen durch Anfragen von Gerichten in Schweden und
Großbritannien - die anlasslose Vorratsdatenspeicherung und ließ nur
eine gezielte, "klar und präzise" geregelte Speicherung zur
Bekämpfung schwerer Straftaten zu (http://t1p.de/8m69). Allerdings
sind bei der Großen Kammer des EuGH Beschwerden mehrerer EU-Staaten
gegen die anhängig, die ihren Geheimdiensten den Zugang zu den
gespeicherten Daten erleichtern wollen (https://ogy.de/3tug).
Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags war
schon im Januar 2017 zu dem Ergebnis gekommen, das deutsche Gesetz
genüge diesen Anforderungen "nicht in vollem Umfang".
(http://t1p.de/bmc2, PDF)
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sowie in der Ende April veröffentlichten aktuellen "Nahaufnahme
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Datum: 25.09.2019 - 17:15 Uhr
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