Brandner: Bundesverfassungsgericht verschließt wieder die Augen vor offensichtlichem Unrecht
(ots) - Das Bundesverfassungsgericht hat den einstweiligen
Rechtsschutzantrag der AfD-Bundestagsfraktion abgelehnt, der zum Ziel
hatte, dem Bundespräsidenten die Ausfertigung dreier Gesetze, die
nach Auffassung der AfD-Fraktion rechtwidrig zustande gekommen waren,
zu untersagen. Diese Gesetze waren in den frühen Morgenstunden des
28. Juni 2019 im Bundestag trotz offensichtlich deutlich zu weniger
anwesender Abgeordneter - etwa einhundert, statt erforderlicher
mindestens 355 - verabschiedet worden. Dies hatte die AfD-Fraktion
vor der Abstimmung ordnungsgemäß gerügt. Bundestagsvizepräsidentin
Claudia Roth, die zum fraglichen Zeitpunkt die Sitzung leitete, hatte
die Rüge jedoch zurückgewiesen und eine Überprüfung der
Beschlussfähigkeit abgelehnt. Der Ältestenrat des Bunderstages hatte
ihr Handeln mehrheitlich bestätigt. Präsidium und Ältestenrat legen
dabei die offensichtlich unzutreffende Rechtsauffassung zugrunde,
dass das Präsidium des Deutschen Bundestages die Beschlussfähigkeit
nicht nur im abgekürzten Verfahren feststellen kann, wenn sie eben
vorliegt, sondern diese auch kontrafaktisch ausrufen kann, wenn sie
offensichtlich nicht vorliegt und die AfD-Fraktion dies rügt.
Zum heute veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
erklärt der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner, Justiziar der
AfD-Bundestagsfraktion:
"Das Bundesverfassungsgericht zieht sich darauf zurück, dass das
Organstreitverfahren nicht dafür gedacht oder geeignet sei, implizit
auch das verfassungsmäßige Zustandekommen von Gesetzen zu prüfen,
auch nicht nur vorübergehend bis zur Klärung in der Hauptsache.
Diese Rechtsauffassung widerspricht dem geltenden
Verfassungsrecht, was man beispielsweise im Lehrbuch
''Verfassungsprozessrecht'' von Christian Pestalozza jederzeit
nachlesen kann. Weiterhin meint das Gericht, der Bundespräsident
müsse selber entscheiden, ob er unterschreibe oder nicht. Verklagen
könne man ihn - jedenfalls im Rahmen eines Organstreitverfahrens -
erst im Nachhinein.
Erneut schiebt das Verfassungsgericht unter Aufgabe seiner
früheren Rechtsprechung damit angebliche formelle Gründe vor und
weigert sich, in AfD-Verfahren inhaltlich Position zu beziehen. Damit
verschließt es zum wiederholten Male die Augen vor offensichtlichem
Unrecht, wie schon bei dem Thema Grenzöffnung von 2015, nun auch bei
der Geschäftsordnungswillkür im Bundestag.
Es hat nun die Verantwortung der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit
allein dem Bundespräsidenten überlassen. Wir hoffen darauf, dass er
seiner Verantwortung gerecht wird, objektiv und überparteilich
handelt und nicht etwa greifbar rechtswidrige Gesetze ausfertigt. Für
den Fall, dass die betreffenden Gesetze ausgefertigt werden sollten,
prüfen wir eine Klage in der Hauptsache."
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Christian Lüth
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Datum: 24.09.2019 - 12:17 Uhr
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