Schlaganfall-Lotsen geben Orientierung / Modellprojekt der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe in Ostwestfalen-Lippe zieht positive Halbzeitbilanz (FOTO)
(ots) -
Ein Schlaganfall kann jeden treffen. Diese Erfahrung musste auch
Tobias Wisniewski (39) machen. Vor einem Jahr half der Bielefelder
einem Freund beim Umzug, als ihm plötzlich der Kaffeebecher aus der
Hand fiel. Die linke Körperhälfte fühlte sich taub an, die Sprache
versagte. Zum Glück reagierten die Freunde richtig und riefen sofort
den Notarzt. In kürzester Zeit wurde Wisniewski auf der Stroke Unit
(Schlaganfall-Station) des Evangelischen Klinikums Bethel versorgt.
Jetzt, ein Jahr danach, entlässt ihn Schlaganfall-Lotsin Kerstin
Ohms aus dem Betreuungsprogramm. Wisniewski nahm teil an einem großen
Modellprojekt (STROKE OWL) der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.
Dabei betreuen 17 Schlaganfall-Lotsen in Ostwestfalen-Lippe bis zu
2.000 Patienten. Die Stiftung und ihre Partner (Kliniken,
Rehaeinrichtungen, Krankenkassen) wollen nachweisen, dass Patienten
so besser betreut werden.
"Es war der totale Schock - das Schlimmste, was ich bis dahin
erlebt hatte", erinnert sich Deborah Wisniewski an den Schlaganfall
ihres Bruders. "Tobi konnte weder sprechen noch lesen. Wir wussten
gar nicht, wie es weitergeht." Lotsin Kerstin Ohms stellte mit den
beiden einen Versorgungsplan auf, besuchte sie in der Reha und zu
Hause und half bei den Formalitäten.
Viel Kraft gab Tobias Wisniewski die Musik. Obwohl ihm die Stimme
versagte, konnte er weiter sein Baritonhorn spielen. Die Logopäden
ermunterten ihn dazu, auch für Atem und Stimmbänder sei dies ein
gutes Training. Durch die Therapie und viele Stunden üben mit der
Schwester kehrten Sprache und Sprachverständnis langsam zurück.
"Es geht mir wieder gut", sagt Wisniewski heute. "Manchmal suche
ich noch nach Worten, und ich muss noch zu oft über den Satzbau
nachdenken." Aber auch daran arbeitet er. Lotsin Kerstin Ohms
vermittelte ihm einen Platz in der Bielefelder Logopädie-Schule, wo
er weiterhin einmal wöchentlich zur Therapie geht. Der nahende 1.
Oktober wird ein besonderer Tag. Dann kehrt Tobias Wisniewski - ein
Jahr nach dem Schlaganfall - zurück in seinen Job als
Systemadministrator bei der Telekom.
"Frau Ohms war ganz wichtig für uns", zieht Deborah Wisniewski
Bilanz. "Durch sie wussten wir immer, was zu tun ist." Orientierung
geben, Hilfen vermitteln und bei der Umstellung des Lebensstils
helfen, das sind die Kernaufgaben der Schlaganfall-Lotsen. Denn nach
Klinik und Reha sind nach Erfahrungen der Stiftung Deutsche
Schlaganfall-Hilfe viele Patienten überfordert mit dem, was auf sie
zukommt.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn setzt große Hoffnungen in das
Modellvorhaben. Mit rund 7 Millionen Euro fördert der Bund das
Projekt. Voraussichtlich bis Herbst 2021 wird es laufen, mittlerweile
werden 1.000 Patienten in ganz OWL betreut. Die Halbzeitbilanz macht
Mut. "Wir erleben eigentlich nur zufriedene und dankbare Patienten",
berichtet Lotsin Ohms.
Ob diese Patienten am Ende auch gesünder werden, wird die
wissenschaftliche Studie der Universität Bielefeld zeigen müssen, an
der alle Patienten teilnehmen. Fällt sie positiv aus, wird es
Schlaganfall-Lotsen künftig wohl in ganz Deutschland geben. Die
Schlaganfall-Hilfe arbeitet bereits daran.
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Mario Leisle
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Datum: 24.09.2019 - 10:35 Uhr
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