Studie von Aurora Energy Research: Geplante Auktionen zum Steinkohleausstieg reichen allein nicht - zusätzliche Maßnahmen nötig
(ots) -
- Auktionen zur Stilllegung der deutschen Steinkohlekraftwerke
könnten den Staat bis 2030 rund 1,2 Milliarden Euro kosten,
würden aber nicht reichen, um den Ausstiegsplan zu erfüllen
- Wegen geplanter Preisobergrenzen müssten gegebenenfalls weitere
Kraftwerke ordnungsrechtlich stillgelegt werden, mit dem Risiko
von Entschädigungsklagen und Verzögerungen
- Regulatorik und zukünftige Marktentwicklungen beeinflussen die
Auktionsergebnisse erheblich; Regierung und Betreiber sollten
Modellrechnungen genau analysieren und Szenarien erstellen
Anfang September wurde der Gesetzesentwurf des
Bundeswirtschaftsministeriums zum Steinkohleausstieg bekannt:
Vereinfacht gesagt sollen die Betreiber bei mehreren Ausschreibungen
ab 2020 anbieten, zu welchem Preis sie bereit sind, ihre Anlagen
stillzulegen. Die günstigsten Angebote kommen dann zum Zug. Das
Energiemarktanalyseinstitut Aurora Energy Research hat nun
durchgerechnet, mit welchen Angeboten die Kraftwerksbetreiber ins
Rennen gehen müssten und kommt zu dem Ergebnis, dass die Auktionen
den Staat gemäß den aktuellen Ausgestaltungsplänen bis 2030 moderate
1,2 Milliarden Euro kosten würden. Allerdings zeigt die Analyse auch,
dass die in den Ausschreibungen vorgesehenen Höchstpreise dazu führen
könnten, dass zu wenig Gebote abgegeben werden, um wie angestrebt bis
2030 knapp 13 Gigawatt Steinkohlekraftwerke stillzulegen. Dann wären
zusätzlich gesetzlich angeordnete Schließungen nötig.
"Unsere Modellrechnungen machen deutlich, dass die regulatorischen
Vorgaben einen erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse der Auktionen
und damit auf den Erfolg des Kohleausstiegsgesetzes haben", sagt
Hanns Koenig von Aurora Energy Research. "Nehmen wir zum Beispiel
einen Maximalpreis von 150.000 Euro pro Megawatt an, kommen in der
ersten Auktion im Jahr 2022 genügend Angebote zusammen, um die
geplante Anzahl Kraftwerke stillzulegen. Davon lägen drei Viertel in
Norddeutschland, denn dort gibt es mehr ältere Anlagen, die
vergleichsweise unrentabel laufen. Das wäre ein gewünschter Effekt
der Auktion, denn im Norden haben wir häufiger ein Stromüberangebot
als im Süden."
Schon in der zweiten Ausschreibungsrunde im Jahr 2024 lägen
allerdings sämtliche Angebote über dem Maximalpreis. 2027 würden
immerhin 64 Prozent der dann ausgeschriebenen Stilllegungen über die
Auktion erreicht, 2030 erneut 100 Prozent, weil ältere Kraftwerke
gemäß den Plänen des Ministerium nach 2030 nicht mehr entschädigt
werden sollen. Insgesamt müssten bei diesem Maximalpreis somit rund
2,2 Gigawatt mit ordnungsrechtlichen Vorgaben stillgelegt werden.
Setzt man einen höheren Maximalpreis an, wären weniger
Zwangsstilllegungen nötig und damit die Umsetzungsrisiken niedriger;
allerdings würde die Kosteneffizienz dadurch sinken.
"Bei den Überlegungen zum Maximalpreis für die
Stilllegungsauktionen steht die Regierung vor einem Dilemma", sagt
Koenig. "Einerseits können Preisobergrenzen das Kostenrisiko für den
Steuerzahler begrenzen; andererseits drohen durch dann nötige
ordnungsrechtliche Schließungen Klagen der Betreiber. Eigentlich
wollte die Kohlekommission mit ihrem Ausstiegsplan genau dies
verhindern. Denn Rechtsstreitigkeiten könnten nicht nur zu weiteren
Kosten für den Staat führen, etwa für zusätzliche Entschädigungen,
sondern bergen vor allem auch das Risiko von unkalkulierbaren
Verzögerungen beim Kohleausstieg."
Szenarioanalysen helfen Kraftwerksbetreibern beim Ermitteln des
optimalen Angebots
Ein weiterer Faktor, der nach den Aurora-Analysen starken Einfluss
auf die Auktionsergebnisse nimmt, ist der so genannte
Kohleersatzbonus, den Betreiber für den Ersatz von
Kraft-Wärme-gekoppelten Kohlekraftwerken durch Gas-KWK-Anlagen
erhalten. Um eine Doppelförderung auszuschließen, sieht der aktuelle
Gesetzesentwurf vor, dass in solchen Fällen nur entweder der
Kohleersatzbonus oder die Stilllegungsprämie gezahlt wird. "Das
verändert für die Betreiber die betriebswirtschaftliche Rechnung und
hat zur Folge, dass sie mit höheren Angeboten in die Auktion gehen",
sagt Koenig. "Damit steigen die Entschädigungsprämien in der Auktion
insgesamt, auch für Betreiber von Nicht-KWK-Anlagen - und die
Kosteneffizienz für den Steuerzahler sinkt."
Zu guter Letzt stellen auch Marktparameter wie Rohstoffpreise,
Stromnachfrage und -kosten sowie deren zukünftige Entwicklung einen
erheblichen Unsicherheitsfaktor für den Ausgang der Auktionen dar,
denn sie sind die Basis für die Preisangebote der Bieter: "Für die
Kraftwerksbetreiber stellt sich die Frage, wie ein erfolgreiches und
gleichzeitig betriebswirtschaftlich tragfähiges Auktionsangebot
aussieht", sagt Koenig. "Um den optimalen Preis für eine Stilllegung
zu ermitteln, sollten sie ihre individuelle Situation genau
analysieren und verschiedene Szenarien für die Zukunft im
Energiemarkt aufstellen. Unsere Analysen erlauben dies bis auf die
Ebene des einzelnen Kraftwerks."
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Über Aurora Energy Research
Aurora Energy Research ist ein Energiemarktmodellierungs- und
-beratungsunternehmen mit Fokus auf die deutschen, europäischen und
globalen Energiemärkte. Unsere Analysen unterstützen langfristige
strategische Entscheidungen unserer Klienten, darunter die meisten
großen deutschen und europäischen Energieversorgungsunternehmen.
Unsere Überzeugung ist, dass stringente Modellierung, basierend auf
robuster Methodik und detaillierten Daten, tiefgreifende Einblicke in
mittel- und langfristige Marktentwicklungen bieten kann. Wir
kombinieren hochinnovative Modelle mit einem tiefgreifenden
Verständnis von Energie- und Finanzmärkten, um verlässliche,
unabhängige Beratung zu bieten. Aurora Energy Research wurde Anfang
2013 von Dieter Helm, Cameron Hepburn und Colin Mayer gegründet, drei
Professoren der Universität Oxford, die seit Jahrzehnten Unternehmen
und politische Entscheidungsträger beraten. Mittlerweile hat das
Unternehmen ca. 120 Mitarbeiter in Oxford, Berlin und Sydney.
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Datum: 23.09.2019 - 09:05 Uhr
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