Rheinische Post: Kommentar: Die Empörung nützt Rechtsaußen Höcke // von Gregor Mayntz
(ots) - Der Abbruch des ZDF-Interviews mit Thüringens
starkem AfD-Mann Björn Höcke hat uns eine neue aufgeregte Debatte
beschert. Und wieder funktioniert sie nach den verlässlichen
Mechanismen, nach denen jenseits aller Empörungswellen am Ende die
AfD ihre Sympathisanten mobilisieren kann. Sechs Wochen vor seinen
Landtagswahlen kann sich Höcke freuen.
Schon der Vorwurf, Höcke habe der freien Presse "gedroht", steht
auf dünnem Eis. Der Politiker hat lediglich angekündigt, diesem
ZDF-Journalisten kein Interview mehr zu geben, wenn er selbst eine
"interessante" Person geworden sein könnte. Das ist etwas anderes,
als davon zu schwadronieren, was passieren könnte, wenn die AfD die
Macht übernimmt, so wie es andere AfD-Politiker tun.
Dass Politiker sich selbst aussuchen, von wem sie befragt werden
wollen, ist natürlich ebenfalls nicht akzeptabel. Denn worauf das
hinausläuft, macht Höcke deutlich, wenn er meint: "Wir hätten doch
eigentlich mit schönen Sachfragen zur Landespolitik einsteigen
können." Das ist genau das, was AfD-Anhänger gerne pauschal den
Medien vorwerfen: Anderen Parteien immer nur "schöne Fragen" zu
stellen. Insofern haben wir es hier mit einer bezeichnenden
Selbstentlarvung Höckes zu tun.
Davon gibt es in dem Interview eine ganze Reihe weiterer. Dass er
das typische NS-Wort "entartet" für einen ganz harmlosen Begriff
hält, der in der Biologie vorkomme, beleuchtet seine Strategie. Über
eine Einengung des Sprachkorridors klagend, versucht er in
Wirklichkeit, die Sagbarkeit von NS-Terminologie auszuweiten. Das
macht klar, wie gefährlich Höcke ist, und wie richtig der
Verfassungsschutz mit der Entscheidung lag, Höckes
völkisch-nationalistischen Flügel als Verdachtsfall unter Beobachtung
zu nehmen.
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Datum: 16.09.2019 - 21:39 Uhr
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