Neue Westfälische (Bielefeld): Klimaschutz
Fehler nicht wiederholen
Carsten Heil
(ots) - Die Vögel werden immer weniger. Bienen und
andere Insekten sowieso. "Wenn alle Bienen tot sind, hat der Mensch
noch vier Jahre", war jüngst ausgerechnet auf einem Auto-Aufkleber zu
lesen. Plastik vermüllt unsere Meere. Seit Monaten brennen die
sibirischen Steppen. In dieser Woche lesen wir von Bränden ungeahnten
Ausmaßes im brasilianischen Regenwald. Und in Deutschland diskutieren
wir über Plastik-Trinkhalme. Der normale Bürger fragt sich, ob er
noch Auto fahren, in den Urlaub fliegen und ein Stück Fleisch grillen
darf. Beim Blick auf Brasilien könnte er sich resigniert
zurücklehnen. Nützt ja doch alles nichts. Das aber wäre die falsche
Reaktion. Die hat es schon mal gegeben, denn die Erkenntnis, dass es
der Erde und ihrem Klima schlecht geht, ist nicht neu. Schon in den
1970er- und 1980er-Jahren gab es mit "Die Grenzen des Wachstums" des
Clubs of Rome und in Deutschland mit einem Buch des Wissenschaftlers
Hoimar von Ditfurth "So lasst uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen"
klare Hinweise darauf, dass es so nicht weitergehen kann. Doch es
entwickelte sich die Generation "No future", die resignativ unterwegs
war. Wie wir heute wissen, hat das alles nur schlimmer gemacht. Denn
hätten die Menschen damals umgesteuert, wäre die Lage heute nicht
ganz so dramatisch. Deshalb kann die Antwort aktuell nicht sein:
Nützt doch alles nicht. Die junge Generation macht es vor. Nicht "NO
future", sondern "Fridays FOR future" ist ihre Devise. Das immerhin
scheinen manche begriffen zu haben. Die Städte auch in OWL rufen den
Klimanotstand aus. Aber: Sie wurschteln weiter wie gehabt. Herfords
Verwaltung schlägt vor, weitere Pkw-Parkplätze auszuweisen, der
Nahverkehr in Teilen OWLs wird teurer, das Landesstraßenbauamt
Straßen.NRW verhindert mit Vorgaben aus dem vorigen Jahrhundert, dass
in Bielefeld eine Stadtbahnlinie zügig in die Außenbezirke verlängert
wird. Merkt ihr es noch in den Verwaltungen? Das ist Politik-,
Staats- und Verwaltungsversagen angesichts der Situation. Jeder muss
etwas beitragen. Der Privatmensch, indem er weniger Auto fährt,
weniger Fleisch isst und weniger fliegt. Das heißt nicht
Totalverzicht. Die großen Erfolge gegen den Klimawandel aber müssen
die öffentlichen Verwaltungen, die Politik und die Institutionen
liefern. Wenn alle immer auf die anderen verweisen (und sei es auf
die Waldbrände am anderen Ende der Welt), die ja viel weniger machen
und resignieren, werden wir die Fehler der Vergangenheit wiederholen.
Unsere Städte werden immer weniger lebenswert. Und das Leben wird
deutlich mühsamer, als wenn wir nur mit der Bahn statt mit dem Auto
fahren.
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Datum: 25.08.2019 - 21:00 Uhr
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