Auf dem Trockenen / WWF-Report: Mit der Klimakrise kommt die Dürrekrise - Dürrerisiko für Europas Energieversorgung und Landwirtschaft wächst
(ots) - Mit der Klimakrise kommt die Dürrekrise. Davor
warnt der WWF Deutschland in einem neuen Report, der am Donnerstag in
Berlin vorgestellt wurde. Demnach hat die Dürrekrise weltweit Fahrt
aufgenommen. In Europa werden diese Wetterextreme durch die
Erderhitzung immer wahrscheinlicher und gefährden zunehmend die
Energieversorgung oder den Anbau von Grundnahrungsmitteln wie
Kartoffeln, Weizen und Mais. "Dürren zerstören wichtige Ökosysteme
und gefährden die Ernährungssicherheit. Sie befeuern soziale Unruhen
und politische Konflikte. Die Staatengemeinschaft muss ihre
Klimabeiträge deutlich erhöhen, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu
begrenzen - sonst setzt sich die fatale Dürrespirale weltweit fort",
so WWF-Süßwasserexperte Philipp Wagnitz vom WWF Deutschland. "Die EU
muss ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 möglichst um 65 Prozent
gegenüber 1990 verringern und die Ziele des Pariser Abkommens mit
wirkungsvollen Maßnahmen unterlegen. Noch dieses Jahr brauchen wir
ein wirksames nationales Klimaschutzgesetzespaket, um das 40
Prozent-Reduktionsziel der Bundesregierung für 2020 zumindest mit
minimaler Verspätung zu erreichen."
In einer Welt, die auch für ihre Energieversorgung stark vom
Wasser abhängt - sei es zum Kühlen, als Transportweg oder als
Wasserkraft -, führen häufigere und intensivere Phasen extremer
Dürren zu akutem Ausfallpotenzial, warnt der WWF. Fast die Hälfte der
weltweiten Wärmekraft - hauptsächlich Kohle, Erdgas und Atomkraft -
wird demnach in Gebieten mit hohem Dürrerisiko produziert. 43 Prozent
der gesamten Süßwasserentnahme in Europa wird für die Kühlung von
solchen thermischen Kraftwerken genutzt. Allein in Spanien sind über
50 Prozent der 269 erfassten Kraftwerke einem hohen bis sehr hohen
Dürrerisiko ausgesetzt. In Frankreich sind unter den 27 Kraftwerken
mit hohem Dürrerisiko die Atomkraftwerke Flamanville, Blayais, Paluel
und Penly. Hohes Dürrerisiko besteht auch in Deutschland für die
Kohlekraftwerke Jänschwalde, Boxberg, Schwarze Pumpe und HKW Cottbus,
sowie das Wasserkraftwerk Altheim und das Gaswerk Kirchmöser. Sie
liegen alle in Brandenburg. "Weltweit ist der Bau neuer Kohle-, Gas-
oder Atomkraftwerke angesichts der Dürrekrise aberwitzig. Auch
Wasserkraft ist in Zeiten niedriger Wasserstände und wegen der
vielfältigen Umweltauswirkungen keine grüne Alternative. Wind- und
Solarenergie sind bereits heute wirtschaftlich auf dem gleichen
Ertragsniveau und müssen Vorfahrt haben", fordert Philipp Wagnitz.
Laut WWF-Report liegt der Anbau von Grundnahrungsmitteln wie
Weizen, Mais und Reis bereits heute zu 22 Prozent in Gebieten mit
hohem bis sehr hohem Dürrerisiko. Dazu sagt Philipp Wagnitz: "Dürren
bedrohen die Lebensgrundlage von Millionen von Landwirten weltweit
und zunehmend auch in Deutschland. Für wasserintensive
Wirtschaftszweige wie Landwirtschaft, Bergbau oder Energie, muss der
nachhaltige Umgang mit Süßwasserressourcen in Risikogebieten
verpflichtend sein. Innerhalb von EU-Handels-, Investitions- und
Wirtschaftsabkommen muss das Thema explizit eingebunden werden - so
aktuell auch beim Freihandelsabkommen Mercosur, wo bei den Sozial-
und Umweltstandards dringend nachgebessert werden muss."
Steigt das Dürrerisiko, wächst die Wahrscheinlichkeit von
regionalen Konflikten um knappe Wasserressourcen. In politisch
instabilen Ländern wie Syrien, Libanon, oder Palästina verstärken
Dürren bereits bestehende Krisen. Besonders betroffen ist der
Mittlere Osten, wo 90 Prozent der Landfläche in die höchste
Risikokategorie für Dürren fällt. In Europa hat die Türkei,
insbesondere in der Grenzregion zu Griechenland und Bulgarien, ein
hohes Risiko für wasserbasierte Konflikte und Krisen, warnt der WWF.
Weltweit befinden sich bereits 19 Prozent der Städte mit mehr als
einer Million Einwohnern in Gebieten mit hohem bis sehr hohem
Dürrerisiko - betroffen sind dort insgesamt rund 370 Millionen
Menschen. Auf der Liste stehen sechs Megastädte mit mehr als 10
Millionen Einwohnern: Delhi, Kairo, Karachi, Istanbul, Rio de Janeiro
und Hyderabad. In Europa sind neben Istanbul derzeit unter anderem
Madrid und Lissabon einem hohen Dürrerisiko ausgesetzt. "Andere
Städte wie Rom, Neapel, Athen und München könnten in wenigen Jahren
beim Dürrerisiko nachziehen", erwartet Philipp Wagnitz vom WWF. Denn
auf der Nordhalbkugel der Erde erwarten Forscher in Metropolen
künftig Klimabedingungen, wie sie heute mehr als tausend Kilometer
weiter südlich bestehen.
Hintergrund:
Der Report "Risiko Dürre. Der weltweite Durst nach Wasser in
Zeiten der Klimakrise" bewertet das Dürrerisiko für Städte,
Anbaugebiete von Mais, Reis und Weizen, für Feuchtgebiete, für
Kohle-, Atom- und Wasserkraftstandorte sowie Gebiete mit
wasserbezogenen politischen Auseinandersetzungen. Dafür wertet der
WWF vorliegende Daten aus und nutzt zusätzlich den WWF Water Risk
Filter (WRF). Das jeweils ermittelte Dürrerisiko setzt sich zusammen
aus physischen Risikoindikatoren: der aktuellen
Eintrittswahrscheinlichkeit von Dürren (30 Prozent), aktuellem
Wassermangel (20 Prozent), aktuellem Grundwasserstress (20 Prozent),
der projizierten Änderung im Auftreten von Dürren (20 Prozent) und
der projizierten Änderung im Wasserabfluss (10 Prozent). Das konkrete
Dürrerisiko wird auf einer Skala von eins bis fünf angegeben, wobei
eins ein sehr niedriges und fünf ein sehr hohes Risiko darstellt. Im
Bereich von 3, 51 bis 4,5 spricht der WRF von einem hohen Risiko, von
4,51 bis 5 liegt ein sehr hohes Risiko vor.
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Wiebke Elbe
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Datum: 22.08.2019 - 09:33 Uhr
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