Gesundheitsministerium schaltet sich in Kontrastmittel-Skandal ein
(ots) -
Sperrfrist: 08.08.2019 18:00
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Die hohen Gewinne mit Kontrastmitteln zulasten der Krankenkassen
sorgen für Unruhe im Bundesgesundheitsministerium und bei den
Krankenkassen. Ein Sprecher bestätigt, dass das Ministerium
unmittelbar nach der Veröffentlichung den AOK Bundesverband um
Aufklärung über die "hohen Zusatzgewinne" für niedergelassene
Radiologen in fünf Bundesländern gebeten habe.
NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" hatten auf Basis von internen
Unterlagen aus Radiologiepraxen und von Pharmaherstellern berichtet,
dass Ärzte Kontrastmittel für Aufnahmen in CT oder MRT günstig
einkaufen und ein Vielfaches des Preises in Form von Pauschalen von
den Krankenkassen erstattet bekommen. Mit jedem MRT- oder CT-Gerät
können Radiologen auf diese Weise knapp 100.000 Euro Gewinn im Jahr
machen. Nach Schätzung kostet dies die Versicherten jährlich knapp
200 Millionen Euro. Der finanzielle Anreiz führt offenbar auch dazu,
dass Ärzte in Bundesländern mit den lukrativen Pauschalen bei ihren
Patienten häufiger Untersuchungen mit Kontrastmitteln durchführen als
in anderen Bundesländern - und somit häufiger, als es medizinisch
nötig wäre. Die Mittel bergen aber, wie jedes Medikament,
Gesundheitsrisiken.
Alarmiert durch die Berichte, rief der AOK Bundesverband schon
Anfang dieser Woche alle seine Mitglieder zu einer Telefonkonferenz
zusammen. Nach Information von NDR, WDR und SZ nannte die Vertreterin
Bayerns konkrete Preise für ihr Bundesland während der
Telefonkonferenz. Demnach kaufen Radiologen in Bayern
MRT-Kontrastmittel im Durchschnitt für 880 Euro pro Liter ein und
bekommen dafür 3900 Euro von den Krankenkassen erstattet. Auf Anfrage
will die AOK Bayern auch im Namen der Arbeitsgemeinschaft der
Krankenkassenverbände in Bayern die Preise weder bestätigen noch
dementieren.
Im Bereich Nordrhein, wo die Kontrastmittel-Pauschalen erst im
April dieses Jahres eingeführt wurden, teilt das
Gesundheitsministerium unter Josef Laumann (CDU) auf Anfrage mit,
dass die AOK und die Kassenärztliche Vereinigung die Einkaufspreise
und die Erstattungen für die Mittel nun prüfen wollten. Das
Lenkungsgremium werde "die bisher vereinbarten Preise gegebenenfalls
an die Marktbedingungen zu Einkaufspreisen anpassen".
Bisher geht es in den Briefwechseln zwischen Ministerien,
GKV-Spitzenverband und Krankenkassen stets nur um die Sorge, dass die
Kassen mit ihrer hohen Erstattung der Kontrastmittel womöglich gegen
das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen, dem sie laut Sozialgesetzbuch
unterliegen. Die medizinische Seite des Skandals ist bisher nicht
Gegenstand der Untersuchungen. Gesundheitspolitiker machen dagegen
vor allem auf die Gefährdung der Patienten aufmerksam. So hält es der
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach für "sehr gefährlich,
Kontrastmittel dort einzusetzen, wo es nicht benötigt wird". Er
fordert, dass sich das Gesundheitsministerium darum kümmern müsse,
"denn wir haben es hier mit einer gravierenden Gefährdung von
Patienten zu tun, die auch noch sehr viel Geld kostet". Ihn habe
schon immer gewundert, warum in Deutschland so viele Untersuchungen
mit Kontrastmitteln gemacht würden, die man auch ohne Kontrastmittel
machen könnte, sagt Lauterbach. Von daher sollten auch die
Krankenkassen die "unseriösen Anreize" dafür stoppen.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag,
Kordula Schulz-Asche, sagt, dass sie immer mehr Briefe von besorgten
Bürgern erreichten, die sich fragten, ob dieser Einsatz von
Kontrastmitteln aus ökonomischen Gründen negativen Folgen für sie
haben könnte. "Von daher ist es durchaus verwunderlich, dass die
Bundesregierung seit über einer Woche nicht auf diese Fragen
antwortet." Schulz-Asche fordert nun zwei Dinge: Erstens, dass
"dieses Reibach-Modell endlich beendet wird", und zweitens "eine
lückenlose Aufklärung, ob durch diese Praxis Menschen gefährdet oder
gar geschädigt worden sind". Darauf müsse jetzt auch die
Bundesregierung eine Antwort liefern, so die Grünen-Politikerin.
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Datum: 08.08.2019 - 18:00 Uhr
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