Piracetam: Zur Alzheimer-Behandlung nicht mehr empfohlen
Die 2016 aktualisierte Behandlungsleitlinie stuft Piracetam bei Alzheimer-Demenz als wenig geeignet ein. Auch andere Medikamente wurden neu bewertet.
(IINews) - Piracetam, von der belgischen Firma UCB im Jahr 1964 entwickelt, ist seit Mitte der 1970er Jahre im europäischen Raum als Arzneimittel zugelassen. Es soll den Stoffwechsel im Gehirn verbessern und so gegen Demenz wirken. Es gibt allerdings nur wenige und methodisch schlechte Studien, die seinen Nutzen untermauern. Die im Jahr 2016 aktualisierte Behandlungsleitlinie stuft Piracetam bei Alzheimer-Demenz als „wenig geeignet“ ein.
Piracetam ist zugelassen für die symptomatische Behandlung chronischer Leistungsstörungen des Gehirns, die organische Ursachen haben. Zu den Leitsymptomen zählen Gedächtnis-, Konzentrations- und Denkstörungen, vorzeitige Ermüdbarkeit, Antriebs- und Motivationsmangel sowie Affektstörungen. Die Zielgruppe sind vor allem Patienten mit primär degenerativer Demenz, Multiinfarktdemenz oder Mischformen aus beiden.
Viele ältere Studien, die sich mit Piracetam bei Alzheimer-Demenz befassen, entsprechen nicht mehr den heutigen Standards. Zudem sind sie oft mit methodischen Fehlern behaftet. Zwar deuten die Ergebnisse auf eine leichte Verbesserung des klinischen Gesamteindrucks hin, in der Summe gilt aber die Evidenz für einen Nutzen des Wirkstoffs nicht als ausreichend. Hinzu kommt, dass der Wirkstoff zahlreiche Nebenwirkungen hat: Nervosität, Aggressivität, Schlafstörungen, Gewichtszunahme und übermäßiger Bewegungsdrang sind nur einige davon. Manchmal kommt es auch zu Depressionen, Müdigkeit, Veränderungen des Blutdrucks (Senkung oder Steigerung) und zu einem körperlichen Schwächegefühl. In der Summe ist das Risiko-/Nutzen-Verhältnis als negativ zu bewerten.
In der im Jahre 2016 in Kraft getretenen Leitlinie „S3“ zur Behandlung der Demenz wird Piracetam als „wenig geeignet“ eingestuft. Dabei ist Piracetam nicht das einzige Medikament, das neu bewertet wurde. Auch bei anderen Präparaten wird heute von einer Anwendung bei Demenz abgeraten, darunter nicht steroidale Antiphlogistika, Nicergolin, Ergoloid Mesilat, Lecithin, Nimodipin, Cerebrolysin, Selegilin und Vitamin E.
Bei leichten bis mittel schweren Formen der Alzheimer-Demenz sind AChE-Inhibitoren (Galantamin, Donepezil, Rivastigmin) zugelassene Wirkstoffe. Allerdings ist auch bei diesen Präparaten keine Heilung zu erwarten. Es finden sich lediglich Hinweise dafür, dass sich das Fortschreiten der Erkrankung bremsen lässt. Zum Beispiel verbessert sich bei 14 % der Patienten, die ein halbes Jahr lang Galantamin nehmen, die Merkfähigkeit.
Bei mittelschwerer bis schwerer Demenz gibt es Hinweise, dass Memantin den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit verzögern kann. Für leichte Fälle ist das Medikament nicht zugelassen.
Zu einer grundlegenden Neubewertung kam man bei Ginko-bilboa-Extrakt, einem pflanzlichen Heilmittel, das man ohne Rezept kaufen kann. Für die Therapieziele „Aktivitäten des täglichen Lebens“ und „kognitive Fähigkeiten“ zeigen sich ab einer Dosis von 240 mg täglich positive Effekte, wenn auch hier die Datenlage sehr dünn ist. Zur Vorbeugung scheint es sich nicht zu eignen.
Die oben genannten Wirkstoffe zeigen allesamt eine bessere Wirkung als Piracetam bei Alzheimer-Demenz. Die Krankheit heilen können sie allerdings nicht, sondern nur ihr Fortschreiten verlangsamen. Von großer Bedeutung sind daher die nicht-medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten, die dabei helfen, die kognitiven Fähigkeiten zu trainieren und aufrecht zu erhalten. Von Gedächtnistraining über Verhaltenstherapie bis hin zur Unterstützung und Entlastung der Angehörigen gibt es eine breite Palette von Möglichkeiten und Angeboten.
Welche Form der Therapie in einzelnen Fall am besten geeignet ist, hängt von der Art der Demenz und vom Stadium der Erkrankung ab. Allgemein lässt sich sagen, dass Demenzkranke davon profitieren, wenn sie so weit wie möglich in das normale soziale Leben einbezogen werden.
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Datum: 31.07.2019 - 11:45 Uhr
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