Westfalen-Blatt: ein Kommentar zur tödlichen Attacke auf einen Jungen im Frankfurter Hauptbahnhof
(ots) - Da ist es wieder, dieses Gefühl von
Fassungslosigkeit, Ohnmacht. Von Wut, aber auch tiefer Trauer und
Mitgefühl. Von Sorgen um die Sicherheit. Von Fragen, auf die es keine
Antworten gibt. Der Tod eines Kindes lässt uns hilf- und ratlos
zurück. Wir können und wollen nicht begreifen, dass ein kleiner Junge
vor den Augen seiner Mutter sterben musste. Man muss nicht selbst
Vater oder Mutter sein, damit es einem das Herz zerreißt. Wir tun gut
daran, einen Moment inne zu halten und in Gedanken bei der Mutter und
der Familie zu sein. Ihnen sollte unser Mitgefühl gelten. Auch der
Lokführer und viele Passanten wurden zu Opfern. Sie werden die Bilder
von Gleis 7 nie wieder aus ihrem Kopf bekommen. Das Unfassbare ist
passiert. Und es bleiben Fragen. In Deutschland tobt längst die
Debatte. Wie nach Terroranschlägen reagieren viele Menschen
reflexartig mit dem Ruf nach Repression. Mehr Polizei, mehr Kameras,
mehr Grenzsicherung, mehr Überwachung, mehr, mehr, mehr. Zu allem
Überfluss versuchen AfD-Chefin Alice Weidel und ihr Vize, aus dem
Tod des Kindes sogar politisches Kapital zu schlagen. Niemand ist
gegen Fortschritt. Aber nichts von all den Forderungen kann uns
eine maximale Sicherheit garantieren. Die gibt es nämlich nicht.
Nicht am Bahnsteig, nicht am Flughafen, nicht auf einer norwegischen
Insel - nirgendwo. Das heißt nicht, dass wir jetzt Angst haben
müssen. Voerde und Frankfurt sollten uns aber wachsamer und
sensibler machen. Mehr Zivilcourage, mehr Aufmerksamkeit, mehr
Rücksichtnahme, mehr Menschlichkeit. Am Bahnhof, im Flughafen, im
Café, überall. Wenn es so etwas gibt, dann ist das die Botschaft
nach der grausamen Tat von Frankfurt. Und nicht Hass, Panik und Wut.
Und erst recht nicht Politiker, die auf perfide Art nur Ängste
schüren wollen.
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Scholz Stephan
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Datum: 30.07.2019 - 21:15 Uhr
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