Citalopram: häufige Probleme beim Absetzen
In Deutschland nehmen rund eine Million Menschen täglich Citalopram. Es ist das mit Abstand am häufigsten verordnete Antidepressivum. In der „Zeit“ wies nun ein Experte auf die unwägbaren Risiken hin, die auftreten können, wenn man Citalopram absetzen will. Im schlimmsten Fall drohen ernste Entzugserscheinungen.
(IINews) - Prof. Gerhard Gründer, der am Mannheimer Zentralinstitut für seelische Gesundheit die Abteilung für Neuronales Neuroimaging leitet, geht davon aus, dass auch Ärzte immer noch falsch einschätzen, wie oft Menschen Problemen haben, von ihrer Medikation loszukommen.
Im Jahr 2016 war Citalopram mit 290 Millionen Tagesdosen das am häufigsten verschriebene Antidepressivum in Deutschland. Es steht außer Frage, dass es für viele Patienten ein Segen ist. Es hellt die Stimmung auf, erhöht den inneren Antrieb und lässt Selbstzweifel, Schuldgefühle oder Suizidgedanken verschwinden. Vielen Patienten geht es schon nach kurzer Behandlung so gut, dass sie sich gar nicht mehr krank fühlen. Das kann sich aber ändern, wenn sie das Medikament wieder absetzen.
Citalopram greift tief in den Stoffwechsel des Gehirns ein und verändert wichtige molekulare Abläufe. Es ist also nicht überraschend, dass dabei auch Nebenwirkungen auftreten können. In den ersten Tagen oder Wochen der Therapie sind dies unter anderem Schlafprobleme, Zittern und Schweißausbrüche. Wenn sich die Symptome dann wieder legen, geht man davon aus, dass der Wirkstoff gut vertragen wird.
Oft ist bei psychischen Erkrankungen eine Therapie über Monate oder sogar Jahre erforderlich. In dieser Zeit gewöhnt sich der Körper an den Wirkstoff und stellt sich darauf ein. Beim Absetzen kommt es bei manchen Patienten zu Komplikationen: Durchfall, Schlaflosigkeit, Schwindel oder Unruhe sind nur einige davon. Man spricht in diesem Zusammenhang vom SSRI-Absetzungssyndrom.
Nimmt man Antidepressiva wie Citalopram (sogenannte SSRIs) über längere Zeit ein, verändern sie den Stoffwechsel des Gehirns. Die genauen Zusammenhänge sind noch nicht bekannt. Fest steht aber, dass die Wirkung der SSRIs auf der Blockade der sogenannten Serotonin-Transponder in den Nervenzellen beruht. Serotonin ist ein Botenstoff, der unter anderem an der Regulierung der Stimmung beteiligt ist. Bei Depressiven Menschen ist oft zu wenig Serotonin vorhanden. SSRIs sorgen dafür, dass der Botenstoff länger im Nervensystem verbleibt. In vielen Fällen bessert sich dadurch die Stimmung und die Beschwerden gehen zurück.
Vieles weist darauf hin, dass die erhöhte Serotoninmenge auf lange Sicht dazu führt, dass sich die Empfindlichkeit des Körpers gegenüber dem Botenstoff verringert. Beim abrupten Absetzen kann dann die Depression in stärkerer Form wieder auftreten. In der Regel bilden sich die Entzugssymptome nach zwei bis sechs Wochen wieder zurück.
Um das Absetzen zu erleichtern, raten die meisten Experten, die Dosis langsam zu reduzieren. Oft werden Patienten mit hohem Risiko auch langfristig medikamentös behandelt, allerdings in der niedrigsten möglichen Dosis. Entscheiden sich Arzt und Patient nach der Therapie für eine Reduktion der Dosis oder für ein Absetzen der Medikation, ist der Patient vorher darüber zu informieren, welche Probleme dadurch auftreten können.
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Datum: 25.07.2019 - 13:07 Uhr
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