Kein sicherer Hafen: Baubranche und Handel sorgen für hohe Zahlungsrisiken in Skandinavien
(ots) - Atradius weist Unternehmen im Firmengeschäft auf
zunehmende Forderungsrisiken bei Exporten nach Skandinavien hin. In
Norwegen, Schweden, Dänemark und Finnland hat sich zuletzt die Gefahr
von Liquiditätsengpässen insbesondere bei Abnehmern aus den Branchen
Bau und Handel erhöht. Das geht aus einer internen Analyse des
internationalen Kreditversicherers hervor. Daneben sind die
Unsicherheiten auch in einzelnen Branchen der vier Volkswirtschaften
gestiegen, etwa in der norwegischen Fischerei oder bei finnischen
Holzverarbeitungsfirmen.
"Die skandinavischen Volkswirtschaften haben im vergangenen Jahr
ein insgesamt solides BIP-Wachstum erreicht - ein ''sicherer Hafen''
sind die Länder zwischen Nord- und Ostsee für Exporteure jedoch
keineswegs. Denn gleichzeitig ist das Insolvenzrisiko in der Region
zuletzt erheblich gestiegen", sagt Michael Karrenberg, Regional
Director Risk Services Germany, Central, North, East Europe &
Russia/CIS von Atradius. "Firmen, die Geschäfte mit Unternehmen in
den skandinavischen Ländern machen, sollten das berücksichtigen. Die
Gefahr, einen Forderungsausfall zu erleiden, ist in Skandinavien
weiterhin deutlich höher ist als vor der Finanz- und
Wirtschaftskrise. Die Ursachen hierfür sind dabei von Branche zu
Branche ganz unterschiedlich."
2018 haben sich die Insolvenzzahlen in den skandinavischen Ländern
erheblich erhöht. In Finnland nahmen die Firmenaufgaben um 17 %
gegenüber 2017 zu, in Schweden um 13 %, in Norwegen um 12 % und in
Dänemark um 7 %. Für das Jahr 2019 rechnet Atradius damit, dass in
Schweden die Insolvenzen noch einmal um 3 % steigen. In Dänemark und
Norwegen dürften sie stagnieren, in Finnland dürfte die Zahl leicht
zurückgehen (-2 %).
Schwächere Nachfrage nach neuen Immobilien setzt Preise unter
Druck
Während in Deutschland die Bauwirtschaft nach wie vor boomt, hat
in der skandinavischen Bauwirtschaft das Forderungsrisiko
zugenommen. Nach mehreren Jahren des Wachstums hat sich die Stimmung
in den vergangenen zweieinhalb Jahren merklich abgekühlt.
Insbesondere der Wohnungsbaumarkt wirkt mehr und mehr gesättigt.
Unternehmen, die in neue Apartments in Großstädten investiert haben,
finden immer schwieriger Käufer für ihre Objekte. Besonders stark ist
die Zahl der unverkauften Wohnungen zuletzt in Stockholm gestiegen:
von rund 1.500 Einheiten im Jahr 2016 auf mehr als 8.000 im Jahr
2018. Gleichzeitig sind die Preise für neu errichtete Wohnungen in
Schwedens Hauptstadt um 6 % gefallen. Eine ähnliche Entwicklung ist
im Raum von Oslo zu beobachten. Infolge der schwächeren Nachfrage
sind die Wohnungsbauaktivitäten in Schweden und Norwegen in den
vergangenen 18 Monaten spürbar zurückgegangen. Darüber hinaus hat
sich auch der gewerbliche Gebäudebau in beiden Ländern seit dem
vergangenen Jahr abgeschwächt. Das alles verringert die Liquidität
der Baufirmen entlang der Produktionskette und erhöht das
Zahlungsrisiko für deren Lieferanten und Dienstleister. So entfällt
mehr als jede vierte Firmeninsolvenz in Norwegen auf eine Firma auf
den Bausektor.
Online-Geschäft: Internetriesen hängen kleinere Händler zunehmend
ab
Zudem sind in den vergangenen Monaten Forderungsausfälle für
Lieferanten und Dienstleister der skandinavischen Handelsbranche
wahrscheinlicher geworden. Die Gründe hierfür sind vielfältig: In
allen vier Ländern fehlt es vielen kleineren und mittleren
Handelsunternehmen an einer stringenten Strategie für das
Online-Geschäft. Stattdessen versuchen sie mit Einzelmaßnahmen, sich
dem wachsenden Druck durch die großen Online-Anbieter
entgegenzustemmen. Diese wiederum gewinnen mithilfe ihrer großen
Datenmengen und ihrer ausgereiften Systeme immer mehr Marktanteile.
Gleichzeitig trübt sich die Konsumstimmung ein, dafür wird mehr
gespart. So haben sich beispielsweise in Finnland die
Nettoersparnisse der Haushalte erstmals nach zwei Jahren wieder
erhöht. Die größten Unsicherheiten im skandinavischen Handel sieht
Atradius derzeit bei stationären Modehändlern,
Einzelhandelsgeschäften, Händlern von Möbeln und weiteren
Haushaltsgegenständen.
Fischbranche: Lachssterben erhöht Liquiditätsrisiko
Nach Rohöl und Gas ist Fisch das drittwichtigste Exportgut der
norwegischen Wirtschaft. 2018 verzeichnete die Branche noch ein
Rekordjahr. In diesem Jahr aber droht das Geschäft einzubrechen: Im
Mai dieses Jahres breitete sich eine für Fische giftige Alge in den
Gewässern Nordnorwegens aus. In der Folge starben mehrere Millionen
Zuchtlachse - der mit Abstand wichtigste Exportfisch für die
norwegische Fischereiwirtschaft. Durch das ausbleibende Geschäft
droht vielen Menschen in der Region zumindest vorübergehend der
Verlust ihres Arbeitsplatzes. Das Forderungsrisiko bei den Firmen in
der Branche ist daher erheblich gestiegen.
Forderungsausfälle in finnischer Forstwirtschaft werden
wahrscheinlicher
In der finnischen Forstwirtschaft wird für das aktuelle Jahr mit
einem Rückgang des Produktions- und Exportwachstums gerechnet. Eine
Ursache hierfür ist das Abkühlen der Weltwirtschaft und die
nachlassende Nachfrage aus dem Ausland. Gleichzeitig bleiben die
Unsicherheiten in wichtigen Exportdestinationen der Branche bestehen,
unter anderem durch den drohenden Austritt Großbritanniens aus der EU
oder dem hohen Verschuldungsgrad von Abnehmern aus China oder
Italien. Atradius sieht vor diesem Hintergrund steigende Risiken für
Forderungsausfälle bei Geschäften mit Firmen in der finnischen
Holzindustrie.
Zahlreiche Analysen von Atradius zu Forderungsrisiken in Ländern
und Branchen können im Internet unter www.atradius.de im Menüpunkt
"Publikationen" kostenlos heruntergeladen werden.
Über Atradius
Atradius ist ein globaler Anbieter von Kreditversicherungen,
Bürgschaften, Inkassodienstleistungen und Wirtschaftsinformationen
mit einer strategischen Präsenz in mehr als 50 Ländern. Die von
Atradius angebotenen Produkte schützen Unternehmen weltweit vor den
Ausfallrisiken beim Verkauf von Waren und Dienstleistungen auf
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Datum: 25.07.2019 - 10:45 Uhr
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