BERLINER MORGENPOST: Gemeinsam nach vorn / Leitartikel von Joachim Fahrun zum Exzellenzwettbewerb
(ots) - Kurzform: Für Berlins Hochschulen erwächst daraus
ein Auftrag. Sie müssen ihre Forschung noch stärker in den Dienst der
Stadt stellen. Mit der Politik müssen sie dafür sorgen, dass auch
die normalen Bürger in ihrem Alltag von den exzellenten Ergebnissen
profitieren. In den besten Krankenhäusern, mit modernsten
Verkehrssystemen und in leistungsfähigen Schulen und Ämtern.
Der vollständige Leitartikel: Berlin hat hoch gepokert in dieser
neuesten Runde des Exzellenzwettbewerbs der deutschen Hochschulen.
Anstatt mehrere Eisen ins Feuer zu legen und darauf zu hoffen, dass
eines oder zwei davon die prestigeträchtige Förderung des Bundes für
Spitzenforschung bekommen, setzte die Hauptstadt alles auf eine
Karte. Mit einem gemeinsamen Antrag der Berlin University Alliance,
dem Verbund von Freier, Technischer und Humboldt-Universität sowie
der Charité hatte Berlin die Kräfte gebündelt. Dass dieser Antrag nun
bei den Juroren für förderwürdig befunden wurde, belohnt den Mut der
Beteiligten, die seit 2015 auf diesen Tag hingearbeitet haben. Dabei
geht es weniger um die Fördermillionen als um das mit dem
Exzellenz-Status verbundene Image. Ein Scheitern wäre für Berlins
ambitionierte Wissenschaftsszene nicht weniger als der Super-Gau
gewesen. Denn der nach eigener Wahrnehmung stärkste
Wissenschaftsstandort des Landes hätte den Elite-Status von Freier
und Humboldt-Universität verloren und müsste sich auf die
festgestellte Exzellenz einzelner Forschungscluster und Institute
stützen. Nun ist aber höchstamtlich festgeschrieben, was moderne
Wissenschaftler schon lange wissen. Die Zeit der genialen
Einzelkämpfer ist vorbei. Komplexe Probleme bedürfen zur Analyse und
Erforschung eines Netzwerks von Experten aus verschiedenen
Disziplinen, die über die Grenzen ihrer jeweiligen Fachrichtungen
hinaus denken können. Es greift eben zu kurz, wenn der Klimawandel
nur von Meteorologen in den Blick genommen wird, Jugendkriminalität
nur von Juristen oder neue Mobilitätsformen nur von Ingenieuren. Wie
die Zusammenarbeit der großen Berliner Hochschulen die Wissenschaft
verändern und bessere Ergebnisse bringen wird, muss sich in den
kommenden Jahren zeigen. Bisher ist die University Alliance kaum mehr
als ein Versprechen. Allerdings ein ernst gemeintes. Denn die Zeiten,
als sich die Hochschulen gegenseitig argwöhnisch beäugten und Erfolge
missgönnten, sind in Berlin tatsächlich vorbei. Die Uni-Präsidenten
können auch persönlich gut miteinander. Dass man in Zeiten wachsender
Finanzmittel lebt und sich nicht mehr um schrumpfende Ressourcen
balgen muss, hat sicher den Mentalitätswechsel in den Präsidialämtern
befördert. Hinzu kam die Erkenntnis, dass Berlin als Marke weltweit
strahlt und man die im weltweiten Vergleich immer noch nicht üppigen
Finanzen lieber zusammenwerfen sollte, als einzeln vor sich hin zu
forschen. Der Regierende Bürgermeister und Wissenschaftssenator
Michael Müller (SPD) stand von Anfang an hinter der Verbund-Idee.
Vielleicht auch nur deswegen, weil es für ihn leichter war, die
gemeinsame Initiative politisch zu flankieren als die konkurrierenden
Bewerbungen einzelner Hochschulen. Der Sozialdemokrat bewegt sich
immer noch wie ein staunender Laie durch die Wissenschaftslandschaft.
Aber Müller hat verstanden, dass die Wissenschaftskraft Berlins
wichtigste Zukunftsressource darstellt. Start-up-Boom,
Gesundheitswirtschaft oder Kulturangebot: Keines dieser ökonomischen
Standbeine Berlins wären ohne diese Basis denkbar. Müller fördert die
Wissenschaft um der Wissenschaft willen, weil er überzeugt ist, dass
Positives herauskommen wird. Für Berlins Hochschulen erwächst daraus
ein Auftrag. Sie müssen ihre Forschung noch stärker in den Dienst der
Stadt stellen. Mit der Politik müssen sie dafür sorgen, dass auch
die normalen Bürger in ihrem Alltag von den exzellenten Ergebnissen
profitieren. In den besten Krankenhäusern, mit modernsten
Verkehrssystemen und in leistungsfähigen Schulen und Ämtern.
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Datum: 19.07.2019 - 20:22 Uhr
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