Rheinische Post: Kommentar: Die EU muss ihre Werte ernst nehmen
(ots) - Die Präambel des EU-Vertrags ist so etwas wie
der ausformulierte Wertekanon der Union. Dort steht, was die
Staatschefs gerne in Sonntagsreden als "gemeinsame Werte" bezeichnen,
wenn sie sich von den autokratischen Staaten abgrenzen wollen. Darin
bekennen sich die EU-Länder zu Freiheit, Demokratie und zur
konsequenten Achtung der Menschenrechte. Mit Blick auf die
Flüchtlingspolitik sollte sich die EU überlegen, ob sie den letzten
Punkt nicht ersatzlos streicht. Denn der EU-Pakt mit Libyen hat die
humanitäre Ausnahmesituation im Mittelmeer nicht verbessert, sondern
verschlechtert. Die Verzweiflung der Fliehenden ist größer geworden.
UN-Beobachter beklagen eine dramatische Lage in dem nordafrikanischen
"failed state", wo Kriminelle, Schlepperbanden und Milizen sich mit
einer korrupten Verwaltung um Geld und Macht streiten. Die
Flüchtlinge sind die Ware, die Gelder aus Europa das Schmiermittel.
Berichte über Missbrauch und Vergewaltigung in den Lagern sind
glaubwürdig, die sanitäre Situation ist in deutschen Tierheimen
besser. Und Europa wundert sich, wenn Flüchtlinge lieber im
Mittelmeer sterben als zurück nach Libyen gebracht zu werden. Zumal
auch das Verhalten der libyschen Küstenwache eher eine Bedrohung als
eine Hilfe ist. Vor diesem Hintergrund lässt die Debatte zur
Seenotrettung nur einen Schluss zu: Retten, retten, retten. So lange,
bis die EU eine wirksame Flüchtlingspolitik beschließt, die
Flüchtlingen den oft tödlichen Weg zum Schlepper erspart, weil es an
der EU-Außengrenze nachvollziehbare und faire Asylprüfungen in
humanen Einrichtungen gibt und die Chance auf Asyl in einem
EU-Mitgliedsstaat. Für die mögliche neue Kommissionschefin Ursula von
der Leyen sollte die Migrationspolitik oberste Priorität sein. Mit
dem noch zu verhandelnden EU-Budget hat sie das Mittel in der Hand.
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Datum: 08.07.2019 - 19:41 Uhr
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