VW-Abgasskandal:Äußerung von VW-Chef bei "Markus Lanz" / LG Oldenburg findet sehr deutliche Worte
(ots) - "Das was wir gemacht haben war Betrug, ja.",
sagte so der derzeitige Vorstandsvorsitzende der VW AG, Herr Dr.
Diess in der Fernsehsendung "Markus Lanz" am 18. Juni 2019.
Das Landgericht in Oldenburg nahm ihn beim Wort und fragte bei der
Prozessbevollmächtigten der VW-AG nach, ob und wie diese Aussage denn
zum Vortrag des beklagten Konzerns passe.
Volkswagens Antwort kam und wurde vom zuständigen Richter in
wohlgesetzten Worten säuberlich in einem Beschluss seziert (LG
Oldenburg Beschluss vom 03.07.2019, Az. 6 O 1791/18).
So heißt es in dem Beschluss:
"Der Hinweis der Beklagten, die Äußerung sei nicht im
rechtstechnischen Sinne gemeint gewesen (also - so versteht es das
Gericht - im Sinne eines Betruges nach § 263 StGB) und Herr Dr. Diess
habe sich als Ingenieur mit der Äußerung juristisch nicht verbindlich
positionieren wollen, bestehen erhebliche Zweifel. Das Gericht geht
davon aus, dass Herr Dr. Diess in rechtlicher Hinsicht seit geraumer
Zeit von den Firmenjuristen bis ins letzte rechtliche Detail
umfassend informiert ist und dass er ohne jeden vernünftigen Zweifel
in der Lage war, diese rechtlichen Informationen vollständig richtig
aufzunehmen, sie sich zu merken und sich unter diesem Aspekt gezielt
und sprachlich bedacht zu äußern; nichts spricht dafür, dass es sich
um eine unbedachte Spontanäußerung handelte, deren brisanten
Erklärungswert er nicht überblickte."
Weiterhin zweifelt das Gericht an der Information innerhalb des
Unternehmens:
"Zumindest dürfte aus der Äußerung von Herrn Dr. Diess zu folgern
sein, dass ihm interne tatsächliche Informationen vorliegen, die aus
seiner Sicht die Schlussfolgerung rechtfertigen, es sei von
Mitarbeitern der Beklagten über die Konformität der
Abgasreinigungsanlage des Motors mit den europäischen Abgasregeln
gezielt ("vorsätzlich") das KBA getäuscht worden."
Und bringt es einige Zeilen später auf den Punkt:
"Weil es in jeder Hinsicht abwegig ist, dass ausschließlich (ein)
untergeordnete(r) Konstrukteur(e) im Sinne eines Verhaltsexzesses die
betreffende Software implementierte, ist davon auszugehen, dass
wenigstens ein leitender Mitarbeiter unterhalb der Organebene in
tatsächlicher Hinsicht den Kenntnisstand hatte, der Herrn Dr. Diess
dazu veranlasste, das Verhalten als "Betrug" "der Beklagten"
(Stichwort "wir") zu bewerten.
Zusammenfassend ließe auch die Äußerung von Herrn Pötsch vermuten,
dass es "Aussagen" von Mitarbeitern gab, denen die "Umschaltlogik"
bekannt war, die davon ausgingen, dass diese nicht von den
europäischen Abgasregeln gedeckt war und sie die nächst höhere Ebenen
darüber informiert hatten.
Nur so erkläre sich vernünftigerweise auch die sinngemäße Aussage
von Herrn Pötsch, dass nach Erstellung eines Abschlussberichtes und
dessen Bekanntwerden "der Firma" unvertretbare Risiken drohen würden.
Selbstverständlich könne nach Ansicht des Gerichts unterstellt
werden, dass auch Herr Pötsch vor dieser Äußerung rechtlich durch die
Firmenjuristen beraten wurde, u.a. zumindest im Hinblick auf eine
rechtliche Wissenszurechnung der handelnden Personen zu Lasten der
Beklagten als juristische Person.
"Nach dem Geständnis in den USA jetzt endlich auch ein Geständnis
in Deutschland und dann auch noch im Fernsehen. Wer es nicht glauben
will, der schaue es sich in der Mediathek nochmals an. Ein
Meilenstein!", so Kölner Rechtsanwalt Prof. Dr. Marco Rogert.
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