Rheinische Post: Die EU
bleibt zerrissen
Kommentar von Michael Bröcker
(ots) - Es wäre ein tragfähiger Kompromiss, wenn das
federführend von Emmanuel Macron und Angela Merkel geschnürte
Personalpaket in Rat und Parlament bestätigt wird. Frans Timmermans
war Spitzenkandidat der Sozialdemokraten im Wahlkampf, mithin wäre
das Modell der europäischen Spitzenkandidaten nicht gescheitert.
Vielen Wählern vor allem in Deutschland ist dies versprochen worden.
Und dass der Zweitplatzierte den Top-Posten erklimmt, während der
Anführer der stärksten Fraktion nur den zweitwichtigsten Posten
bekommt, kennt man auch aus Bundesländern. Nicht immer stellt die
stärkste Partei im Parlament auch den Regierungschef, siehe Bremen,
siehe Baden-Württemberg. Man muss schon Mehrheiten finden. Timmermans
ist als resoluter, rhetorisch versierter und als vielsprachiger
Kommissar anerkannt, seine UN-Rede zum Abschuss einer
Passagiermaschine über der Ukraine ist heute noch Maßstab. Der Mann
kann Weltbühne. Und er hat den Rückhalt einiger Liberalen im
Parlament. Und selbst Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist offen
für eine Wahl Timmermans, so lange es nicht Weber wird. Weber ist ein
redlicher und kluger Europäer, aber er hat Defizite in der
Edeldisziplin der Mehrheitsfindung. Angela Merkel hat Weber fallen
lassen, weil sie ihn nicht durchsetzen konnte. Sollte Manfred Weber
nun für fünf Jahre den prestigeträchtigen Posten eines stärker
werdenden Europäischen Parlaments ausfüllen und am Ende die EZB von
dem Bundesbank-Chef Jens Weidmann geführt werden, wäre dies aus
deutscher Sicht eine akzeptable Lösung. Entscheidend ist, dass die
tief zerstrittene Union mit einem klar pro-europäischen Kurs umgebaut
wird, der in den zentralen Feldern Binnenmarkt, Sicherheits- und
Verteidigungspolitik sowie Digitalisierung Integration ermöglicht,
während sich die EU an anderer Stelle bescheidet.
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Datum: 30.06.2019 - 19:44 Uhr
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