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BDI-Präsident Kempf: Die Politik der Regierung schadet den Unternehmen in Deutschland

ID: 1726161


(ots) -
- Industrie fordert Kurswechsel der Koalition
- Rasche Klarheit in der Energie- und Klimapolitik
- Soli vollständig abschaffen, Unternehmensteuern zügig
modernisieren
- EU muss neue Legislaturperiode für Wachstums-Agenda nutzen

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert einen
Kurswechsel der Koalition. "Die wirtschaftliche Lage wird zunehmend
zum Risiko, viele Probleme sind hausgemacht", sagte BDI-Präsident
Dieter Kempf am Dienstag auf dem Tag der Deutschen Industrie in
Berlin. "Der Kurswechsel ist fällig. Die Regierungspolitik schadet
den Unternehmen." Die Große Koalition stehe für das mutlose
Abarbeiten kleinteiliger Sozialpolitik und ein ungesundes Maß an
Umverteilung, kritisierte Kempf.

"Die Regierung hat einen großen Teil des in sie gesetzten
Vertrauens verspielt", stellte der BDI-Präsident fest. Endlich müsse
das Warnsignal ankommen, dass die Koalition bei vielen Menschen
massiv an Unterstützung eingebüßt habe - auch in der Wirtschaft und
in der jüngeren Generation, zuletzt bei den Europawahlen. "Jeder
Vertrauensvorschuss ist endlich", warnte Kempf. "Die Koalition kann
und muss schnell Vertrauen zurückgewinnen."

An die Adresse der Bundesregierung appellierte Kempf: "Es muss
ernsthaft und verantwortungsbewusst geführt werden. Europa braucht
gerade jetzt angesichts wachsender Herausforderungen in der
Weltwirtschaft und in der Konjunktur ein handlungsfähiges Deutschland
mit einer entscheidungsstarken Regierung." Es müsse ums Land und um
den Wirtschaftsstandort gehen. Parteitaktische Spielchen dürften
nicht länger die Richtung bestimmen: "Die Wähler durchschauen das
Feilschen wie auf dem Basar und wenden sich ab von einer Politik nach
dem Motto: ''Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung gegen Soli-Abbau
für alle''."




In der Klimaschutzpolitik sei Deutschland in der Lage, bis zum
Jahr 2050 bei optimaler politischer Steuerung mit den verfügbaren und
absehbaren Technologien 80 Prozent seiner Treibhausgasemissionen
gegenüber 1990 einzusparen. Wenn es der Politik gelinge, den
Klimaschutz zu internationalisieren, könne Deutschland im Verbund mit
anderen Industrieländern sogar mehr als 80 Prozent erreichen. "Statt
neuer Zieldebatten verlangen die Menschen genauso wie die Industrie
Klarheit in der Energie- und Klimapolitik - und zwar möglichst
rasch", sagte Kempf. "Wir dürsten danach, verlässlich zu erfahren,
wie es weitergeht." Vage Ankündigungen bis zum Herbst wie durch das
Klimakabinett in der vergangenen Woche reichten bei Weitem nicht aus.

Ein deutscher Alleingang in der Klimapolitik sorge für extrem hohe
Kosten, aber habe kaum einen positiven Effekt auf den Klimaschutz.
Eine CO2-Bepreisung könne in Verbindung mit anderen Instrumenten
helfen, die Klimaziele zu erreichen. Sie sei aber kein Wundermittel,
das alle Probleme löse: "Ich warne eindringlich vor symbolischen
Schnellschüssen mit einer nicht zu Ende gedachten Folgenabschätzung."
Dagegen schiebe die Politik selbst einfache und effiziente Maßnahmen
auf die lange Bank. Dazu zähle die Förderung der energetischen
Gebäudesanierung durch den Aufbau steuerlicher Anreize.

Als zentrale Aufgabe der Politik formulierte der BDI-Präsident,
die Unternehmen mit guten Rahmenbedingungen fit für einen drohenden
Abschwung zu machen. "Fehler muss man einsehen und rückgängig machen:
Also weg mit dem überflüssigen Baukindergeld, welches das Ziel, die
Wohnungsnot zu lindern, verfehlt und dazu noch fast drei Milliarden
Euro bis 2021 kosten würde."

Kempf wies darauf hin, dass die heimischen Unternehmen unter hoher
Steuerlast und den höchsten Energiekosten Europas leiden. "Das
fehlende Management der Energiewende droht deutsche Unternehmen aus
dem Land zu vertreiben", sagte der BDI-Präsident. So komme der
Netzausbau nicht so schnell voran, wie es nötig wäre. Aktuell sei
nicht einmal ein Viertel des geplanten Ausbaus von 7700 Kilometern
genehmigt oder realisiert.

In der Steuerpolitik sprach sich Kempf für die vollständige
Abschaffung des umstrittenen Solidaritätszuschlags und für eine
rasche Modernisierung der Unternehmensteuern aus. An ausländischen
Standorten - etwa in den USA oder Frankreich - gebe es
Steuererleichterungen. "Die Industrie verlangt, die
Durchschnittsbesteuerung der Unternehmen von rund 31 auf 25 Prozent
zu senken, um Wohlstand und Beschäftigung in Deutschland zu sichern."
Im EU-Durchschnitt zahlen Betriebe laut BDI rund 22 Prozent.

"Es wird höchste Zeit für eine mutige Wirtschaftspolitik, welche
die Zukunft Deutschlands und Europas fest in den Blick nimmt, um
Wohlstand, Wachstum und Fortschritt auch für nachfolgende
Generationen zu sichern", sagte der BDI-Präsident. Dafür müsse die
Bundesregierung Investitionen und Innovationen ankurbeln. "Die
Sozialausgaben wachsen und wachsen, während die Koalition für die
Förderung künstlicher Intelligenz zusätzlich nur eine Milliarde Euro
bis 2023 investieren will."

Die EU müsse die neue Legislaturperiode unbedingt für eine
Wachstums-Agenda nutzen. "Die EU sollte den Mut fassen, die
Agrarausgaben real zu kürzen. Sie muss die letzten Schritte zu einer
modernen Regional- und Investitionsförderung schnellstmöglich gehen",
verlangte Kempf. "Europa muss im neuen Forschungsrahmenprogramm mehr
für Forschung, Entwicklung und künstliche Intelligenz ausgeben, um
den USA und China Paroli zu bieten." Menschen und Unternehmen
brauchten auch dringend eine bessere gesamteuropäische Infrastruktur
für Verkehr, Energie und digitale Netze. Nur so ließen sich die
Vorteile und enormen Chancen der Staatengemeinschaft für die
EU-Bürgerinnen und -Bürger konkret erfahrbar machen.

"Internationale Konflikte vergrößern die Unsicherheit in den
Unternehmen und bedrohen die außenwirtschaftlich beispiellos
verflochtene deutsche Wirtschaft", erklärte der BDI-Präsident. Dazu
gehörten auch die Handelsauseinandersetzungen von der EU und China
mit den USA. Deshalb geht der BDI seit einigen Monaten von einem
geringen Wachstum der deutschen Ausfuhren aus, nämlich nur noch drei
Prozent in nominalen Preisen (real 1,5 Prozent) in diesem Jahr. Fürs
deutsche Bruttoinlandsprodukt rechnet der Spitzenverband mit einem
Plus von etwa einem Prozent in diesem Jahr. Im Falle eines
ungeordneten Ausstiegs des Vereinigten Königreichs aus der EU
erwartet der BDI ein hohes Risiko einer Rezession im kommenden Jahr.

Der Handelskonflikt wirke sich umso stärker auf die Weltkonjunktur
aus, je länger er dauere: Unternehmen investierten nicht, wenn unklar
sei, ob ihre Geschäfte bald durch Zölle unterbrochen würden.
"Nationale Alleingänge und Zölle sind falsch", betonte Kempf. "In den
transatlantischen Beziehungen brauchen wir dringend neuen Schwung."
Europa und die USA müssten Handelsbarrieren zügig abbauen, statt neue
zu errichten.

Zum Tag der Deutschen Industrie werden rund 1500 Gäste aus
Wirtschaft und Politik sowie rund 80 Redner im Funkhaus Berlin
begrüßt. Gastredner sind Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und
Vizekanzler Olaf Scholz (SPD). Weitere Redner sind
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), die
Bundesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP, Annalena
Baerbock und Christian Lindner, sowie Kersti Kaljulaid,
Staatspräsidentin der Republik Estland, und der französische Minister
für Wirtschaft und Finanzen Bruno Le Maire.

Partner des Tags der Deutschen Industrie ist Deloitte.



Pressekontakt:
BDI Bundesverband der Dt. Industrie
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Breite Straße 29
10178 Berlin
Tel.: 030 20 28 1450
Fax: 030 20 28 2450
Email: Presse-Team(at)bdi.eu
Internet: http://www.bdi.eu

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Datum: 04.06.2019 - 09:30 Uhr
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