Deutsche Umwelthilfe kritisiert Luftreinhalteplan für Berlin als unzureichend - Senat muss Saubere Luft im gesamten Stadtgebiet bis Ende 2019 sicherstellen
(ots) - Bürger haben ein Recht auf "Saubere Luft" im
gesamten Stadtgebiet - Berliner Senat verstößt gegen Grundsatzurteil
des Bundesverwaltungsgerichts: Selbst unter optimistischen Annahmen
wird der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) nicht einmal in 2020
eingehalten - Deutsche Umwelthilfe kündigt Vollstreckungsantrag zur
Umsetzung des Urteils von Oktober 2018 an - Nur zonale
Dieselfahrverbote einschließlich der Abgasstufe Euro 5 stellen die
schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts von NO2 sicher - Deutsche
Umwelthilfe fordert eine kurzfristige Nachbesserung des
Luftreinhalteplans
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die aktuelle
Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Berlin als ungeeignet, um
den Bürgern schnellstmöglich das Recht auf "Saubere Luft" zu
gewähren. Hierzu war der Senat vom Verwaltungsgericht Berlin im
Oktober letzten Jahres im Rahmen einer Klage der DUH verpflichtet
worden. Damit sich die Umsetzung des rechtskräftigen Urteils nicht
länger verzögert und die Berlinerinnen und Berliner so schnell wie
möglich zu ihrem Recht auf "Saubere Luft" kommen, wird die DUH einen
Vollstreckungsantrag einreichen. In einem solchen
Vollstreckungsverfahren kann das Gericht gegen den Senat bei
Nichtbeachtung eines Urteils Bußgelder verhängen und notfalls auch zu
schärferen Maßnahmen greifen.
Die DUH kritisiert, dass die NO2-Grenzwerteinhaltung mit den
vorgesehenen Maßnahmen nicht sichergestellt ist. Eine Unterschreitung
des Grenzwertes für NO2 im vom Bundesverwaltungsgericht gesetzten
Zeitrahmen ist ausgeschlossen. Außerdem unterschlägt der Senat
mehrere Straßen, an denen der NO2-Grenzwert selbst nach einer
Umsetzung der im Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen nach wie
vor massiv überschritten bleibt, darunter auch entlang der
Wohnbebauung an der Stadtautobahn im Bereich des Dreiecks Funkturm.
Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Dieser
Luftreinhalteplan ist nicht seriös und ignoriert das Recht auf
"Saubere Luft" vor allem für besonders unter dem Dieselabgasgift
leidende Personengruppen wie Asthmatiker, Kinder, alte und kranke
Menschen. Nicht akzeptabel ist zudem, dass der Senat mehrere hohe
gemessene NO2-Grenzwertüberschreitungen an bisher nicht als belastet
bekannten Straßenabschnitten Berlins nicht berücksichtigt. Berlin
sollte sich an Madrid orientieren, wo es durch mutige, zonale
Dieselfahrverbote gelungen ist, im März dieses Jahres die beste
Luftqualität seit zwanzig Jahren zu erreichen. Stattdessen wird in
der deutschen Bundeshauptstadt das jahrelange Versagen in der
Luftreinhaltepolitik fortgesetzt. Nur durch ein zonales
Dieselfahrverbot in der Innenstadt wird es gelingen, in Berlin als
eine der am stärksten mit Dieselabgasen belasteten Städte die
Luftqualität wieder ausreichend zu verbessern. Die DUH wird nun vor
dem Verwaltungsgericht Berlin einen Vollstreckungsantrag zur
Durchsetzung des rechtskräftigen Urteils für die "Saubere Luft" noch
in diesem Jahr stellen und die dafür notwendigen Maßnahmen damit
durchsetzen."
Die DUH fordert den Senat auf, den Luftreinhalteplan so
fortzuschreiben, dass die NO2-Grenzwerteinhaltung sicher im gesamten
Stadtgebiet gewährleistet wird. Die Menschen in Berlin haben auf
jedem Fußweg, vor jeder Schule und Wohnung sowie jedem Kindergarten
ein Recht auf "Saubere Luft". Zusätzlich zu den Dieselfahrverboten
hält die DUH ein größeres Tempo bei der Verkehrswende für notwendig.
Neben einer verbindlichen Parkraumbewirtschaftung mit drastisch
erhöhten Parkgebühren und einer Verringerung der Zahl der Parkplätze
sollte der motorisierte Individualverkehr auf Tempo 30 als
Regelgeschwindigkeit im gesamten Stadtgebiet verringert werden. Dies
verringert auch die Lärmbelastung und erhöht die Verkehrssicherheit.
Zentrale Maßnahme für die DUH ist ein zonales Fahrverbot für
Diesel-Pkw, Nutzfahrzeuge und Busse bis einschließlich der Abgasnorm
Euro 5. Dieses muss zum 1. September 2019 in Kraft treten. Das BVerwG
hat in seinen Urteilen vom 27. Februar 2018 eindeutig klargestellt,
dass der Erlass von Dieselfahrverboten zulässig und auch zwingend
geboten ist, sofern der gesetzlich vorgeschriebene Jahresmittelwert
von 40 Mikrogramm NO2/m3 anderweitig nicht bis Ende 2019 eingehalten
werden kann. Dass dies in Berlin der Fall ist, hat das
Verwaltungsgericht Berlin im Urteil vom 9. Oktober 2018 zu Recht
festgestellt. Erhalten die von Fahrverboten betroffenen Fahrzeuge ein
Hardware-Update und halten diese auf der Straße die Abgasnormen ein,
wären sie von Fahrverboten befreit. Die DUH fordert daher, dass die
Autohersteller diese Maßnahmen auf ihre Kosten bei allen
Betrugs-Diesel-Pkw durchführen.
Rechtsanwalt Peter Kremer, der die DUH in dem Verfahren vertritt,
ergänzt: "Das Verwaltungsgericht Berlin hat den Senat verurteilt, den
Luftreinhalteplan bis Ende März so fortzuschreiben, dass der
Grenzwert stadtweit eingehalten wird. Im Juni denkt der Senat immer
noch über einen Entwurf nach. Mit diesem Entwurf lässt sich der
Grenzwert weder rechtzeitig noch überhaupt einhalten. Offensichtlich
meint der Senat, dass ein Urteil nur eine unverbindliche Aufforderung
ist - das ist ein merkwürdiges Rechtsstaatverständnis."
Nach der verzögert gestarteten Öffentlichkeitsbeteiligung ist der
Senat abermals in Verzug. Die Einrichtung der streckenbezogenen
Dieselfahrverbote und Tempo-30-Bereiche soll rechtswidrig frühestens
im August beginnen.
Links:
Zur eingereichten Stellungnahme der DUH zum Entwurf der 2.
Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Berlin und zum
aktualisierten Hintergrundpapier zu allen Klagen für Saubere Luft der
DUH (Stand 1. April 2019): http://l.duh.de/p190603
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch(at)duh.de
Peter Kremer, Rechtsanwalt, kremer | werner rechtsanwälte
030 28876783, kremer(at)kremer-werner.de
DUH-Pressestelle:
Ann-Kathrin Marggraf, Marlen Bachmann
030 2400867-20, presse(at)duh.de
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Datum: 03.06.2019 - 16:46 Uhr
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