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122. DeutscherÄrztetag
Stärker Schutz des Arztes als Berufsgeheimnisträger

ID: 1725546


(ots) - Münster, 31.05.2019 - Der 122. Deutsche Ärztetag in
Münster hat an seinem letzten Beratungstag eine Reihe von
gesundheits- sozial- und berufspolitischen Beschlüsse gefasst. Unter
anderen warnte der Ärztetag vor einer Aushöhlung des
Berufsgeheimnisses der Ärzte durch das Bundeskriminalamtsgesetz sowie
die neuen Polizeigesetze der Länder. Diese seien für das
Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Ärzten ausgesprochen
gefährlich, betonten die Abgeordneten in einem Beschluss. "Der Staat
greift zunehmend in diese besondere, ethisch zu schützende Beziehung
ein und untergräbt durch erkennungsdienstliche Maßnahmen dieses
Vertrauensverhältnis nachhaltig und dauerhaft", so das
Ärzteparlament. Bürgern vermittele sich so der Eindruck, dass selbst
in der geschützten Arzt-Patienten-Beziehung der Staat stets mithöre.
Rolle der Hausärzte stärken Hausärzte sollen in der Regel erste
Ansprechpartner für Patienten sein. Dafür hat sich der 122. Deutsche
Ärztetag ausgesprochen. Die Ärzteschaft unterstütze alle Maßnahmen,
die bei neu auftretenen gesundheitlichen Fragen den Hausarzt als
ersten Ansprechpartner stärkten. Sie forderte den BÄK-Vorstand auf,
dieses Anliegen dem Gesetzgeber gegenüber klar zu artikulieren und
sich konstruktiv in die Diskussion einzubringen. Die freie Arztwahl
sei ein hohes Gut. Diese werde gestärkt, wenn die vorhandenen
Ressourcen sinnvoll genutzt würden. Untergrenzen beim Pflegepersonal
dürfen Patientenversorgung nicht gefährden Außerdem wies der Ärztetag
auf den gravierenden Pflegekräftemangel in deutschen Krankenhäusern
hin. So begrüßte er die Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen,
kritisierte aber die in der Verordnung verankerten
Sanktionsmechanismen. Diese lösten Bettenkürzungen an besonderes
versorgungssensiblen Bereichen wie Intensivstationen aus, weil das




benötigte Personal zur Zeit "schlichtweg nicht verfügbar" sei. Der
Deutsche Ärztetag fordert deshalb eine Ausbildungsoffensive für
Pflegekräfte, bessere Arbeitsbedingungen und eine höhere Vergütung.
Einbindung von Fachdisziplinen in die Notfallversorgung Eine
interdisziplinäre Notaufnahme sollte nur in Kooperation mit
beteiligten Fachdisziplinen geführt werden. Das hat der 122. Deutsche
Ärztetag klargestellt. "Die interdisziplinäre Notfallversorgung in
Notaufnahmen, die die Fachdisziplin eng in die primäre Versorgung
einbindet, sichert eine hohe Versorgungsqualität für Patientinnen und
Patienten", heißt es in dem Beschluss. Der vom G-BA geforderte
Tatbestand einer fachlich unabhängigen Leitung einer Notaufnahme
widerspreche nicht dem Prinzip, die Fachdisziplinen eng in die
Versorgung einzubinden. Missbrauch von Fernbehandlung verhindern Vor
dem Hintergrund der Zunahme fragwürdiger telemedizinischer
Anwendungen beauftragte der Ärztetag den Vorstand der
Bundesärztekammer damit, die rechtlichen Möglichkeiten zur
Unterbindung solcher Online-Anwendungen und der Sanktionierung der
Anbieter zu prüfen. Hier sei eine "Goldgräberstimmung" mit Auswüchsen
wie der Krankschreibung per Messenger-Dienst ausgebrochen. Dabei
werde offensichtlich negiert, dass der 121. Deutsche Ärztetag im
vergangenen Jahr das Fernbehandlungsverbot nicht komplett aufgehoben
hat. Damals war beschlossen worden, dass Ärzte "im Einzelfall" ihnen
noch unbekannte Patienten über Kommunikationsmedien beraten und
behandeln dürfen. Der Beschluss sei jedoch unter der Prämisse
erfolgt, dass die Fernbehandlung ärztlich vertretbar sei und die
ärztliche Sorgfalt gewahrt bleibe, unterstrichen die Abgeordneten.
Die Möglichkeiten der Telemedizin dürfen selbstverständlich genutzt
werden, könnten letzten Endes das bisherige Zusammenspiel von Arzt
und Patient nur ergänzen. Beruf der Medizinischen Fachangestellten
stärken und aufwerten Der Ärztetag hat zudem auf die große Bedeutung
der qualifizierten Tätigkeit der Medizinischen Fachangestellten (MFA)
hingewiesen. Um deren zunehmende Abwanderung aus dem Beruf
beziehungsweise den Arztpraxen zu stoppen und auch künftig genug
Nachwuchs zu finden, sieht es der Ärztetag als dringend erforderlich
an, die Attraktivität des Berufs und seine Stellung im Kontext der
Gesundheitsberufe zu stärken. Er begrüßte daher das von den
Landesärztekammern angebotene breite Spektrum an strukturierten und
zertifizierten Fortbildungen. Darüber hinaus sei für die
Attraktivität aber auch eine adäquate Vergütung unabdingbar. Um die
Wettbewerbsfähigkeit der Arztpraxen als Arbeitgeber zu erhalten,
müsse die Steigerung der Personalkosten vollständig durch die
Krankenkassen refinanziert werden.

Etablierte ärztliche Bezeichnungen nicht für andere Berufe
verwenden In Bezug auf das Gesetzgebungsverfahren zur
Ausbildungsregulierung zukünftiger akademischer Heilberufe forderte
der Deutsche Ärztetag, darauf zu achten, dass von Ärzten getragene
Titel und Bezeichnungen nicht von anderen Heilberufen beansprucht
werden. So seien beispielsweise auch Fachärzte für Frauenheilkunde
und Geburtshilfe Geburtshelfer. Das müsse bei der Akademisierung des
Berufs der Hebamme berücksichtigt werden. Keine parallelen
Versorgungssysteme durch Akademisierung nichtärztlicher Heilberufe In
einem weiteren Beschluss stellten die Ärztetags-Abgeordneten fest,
dass die Akademisierung und Ausbildungsreform nicht-ärztlicher
Heilberufe nicht zu parallelen Versorgungssystemen führen dürfe. Die
bewährten Strukturen der sich ergänzenden Kooperation zwischen Ärzten
und Angehörigen anderer Heilberufe dürften nicht aufgegeben werden.
"Eine Spaltung von Zuständigkeiten wird abgelehnt, nicht zuletzt aus
Gründen der Patientensicherheit", betonte das Ärzteparlament.
DMP-Programmkosten refinanzieren Die im Entwurf für das
Faire-Kassenwahl-Gesetz vorgesehene Streichung der Kostenpauschale
für Disease-Management-Programme (DMP) im Rahmen des
Risikostrukturausgleichs lehnte der Deutsche Ärztetag ab. Er warnte
vor Rückschritten bei der Behandlung von chronisch Kranken. Derzeit
seien mehr als acht Millionen Versicherte in solchen Programmen
eingeschrieben. "Ohne eine ausreichende Refinanzierung der
Programmkosten werden voraussichtlich die Krankenkassen an einer
Fortführung solcher Maßnahmen nicht interessiert sein",
prognostizierte die Ärzteschaft. Sie begrüßte allerdings das
grundsätzlich in dem Gesetz verfolgte Ansinnen, den
Risikostrukturausgleich zu reformieren und das Organisationsrecht der
Gesetzlichen Krankenkassen anzupassen. Bundeseinheitlichen
Medikationsplan überarbeiten Der Deutsche Ärztetag hat sich dafür
ausgesprochen, den bundeseinheitlichen Medikationsplan über ambulante
Praxen hinaus auch in den EDV-Systemen der Krankenpflege, der
Pflegeheime und der Krankenhäuser als Standard zu etablieren. Damit
könne die Schnittstellenkommunikation leichter, effizienter und
sicherer werden. Anzustreben sei ein verlässlicher und erprobter
Standard. "Ein solch optimierter bundeseinheitlicher Medikationsplan,
der auch in die angrenzenden Behandlungs- und Pflegesektoren reicht,
macht Pharmakotherapie sicherer und senkt den bürokratischen
Aufwand", heißt es in dem Beschluss. Für faire Finanzierung
zusätzlicher Arztstellen Das Terminservice- und Versorgungsgesetz
sieht eine Anpassung der Bedarfsplanung noch in diesem Jahr vor. Das
wird voraussichtlich zur Neuschaffung zusätzlicher Arztsitze vor
allem im hausärztlichen Versorgungsbereich führen. Der 122. Deutsche
Ärztetag forderte das Bundesgesundheitsministerium dazu auf, für eine
faire Finanzierung dieser Arztsitze mit zusätzlichen Geldern durch
die Krankenkassen zu sorgen. Medizinischer Einsatz von Cannabis auf
wissenschaftlich gesicherter Grundlage In einem weiteren Beschluss
forderte der Ärztetag die Bundesregierung dazu auf, ein
Forschungsprogramm zum medizinischen Nutzen verordnungsfähiger
Cannabis-Arzneien und -Blüten aufzulegen. Die Studie "Cannabis:
Potential und Risiken" habe aufgezeigt, dass der wissenschaftliche
Kenntnisstand zu Wirkungen und Nebenwirkungen der in der
Cannabispflanze enthaltenen Cannabinoide weiterhin völlig
unzureichend sei. Diese sollten jedoch vor einem breiteren Einsatz
im Sinne einer verantwortungsvollen medizinischen Versorgung zunächst
hinreichend erforscht werden. Substitution in Justizvollzugsanstalten
Außerdem forderte die Ärzteschaft den Gesetzgeber auf, in der
Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung einen Passus speziell für
Justizvollzugsanstalten aufzunehmen, der die Delegation der Ausgabe
von Substitutionsmitteln auch an Justizvollzugsbeamte erlaubt.
Aufgrund der Vielzahl, der in den Anstalten substituierenden
Patienten und dem nur eingeschränkt zur Verfügung stehenden Personal,
wäre hier eine Ausnahme zwingend erforderlich. Kippe aus, wenn Kind
an Bord Der 122. Deutsche Ärztetag hat den Gesetzgeber aufgefordert,
ein Rauchverbot in Autos, in denen gleichzeitig Kinder und
Jugendliche mitfahren, gesetzlich festzulegen. Die gesundheitliche
Belastung von Minderjährigen sei bei der Mitfahrt in einem Auto, in
dem geraucht wird, besonders hoch. Die Minderjährigen bedürften eines
besonderen Schutzes. Kinderrechte gehören ins Grundgesetz Zur
Förderung der Kindergesundheit unterstützt der 122. Deutsche Ärztetag
2019 die Initiative "Kinderrechte ins Grundgesetz!" des
Aktionsbündnisses Kinderrechte, einem Zusammenschluss von über 50
zivilen Organisationen in Deutschland, und begrüßt das Vorhaben der
Regierungskoalition, eine entsprechende Grundgesetzänderung
einzubringen. Über die Ausgestaltung einer Grundgesetzänderung berät
derzeit eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die am 06.06.2018 das erste
Mal getagt hat. Sie soll spätestens bis Ende 2019 einen Vorschlag
ausarbeiten.



Pressekontakt:
Alexander Dückers
Samir Rabbata

Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin
Postfach 120 864, 10589 Berlin
Tel.: (030) 40 04 56-700
Fax: (030) 40 04 56-707
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Datum: 31.05.2019 - 17:15 Uhr
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