Coface erwartet mehr Insolvenzen in Europa / Neuer Konjunkturfrühindikator sieht keine Rezession, aber erhebliche Probleme
(ots) - Das Wachstum des Welthandels verlangsamt sich: Laut
einer Prognose des internationalen Kreditversicherers Coface auf 2,3
Prozent gegenüber 3 Prozent im Jahr 2018. Das globale BIP-Wachstum
wird voraussichtlich das niedrigste seit 2016 sein. Hier erwartet
Coface mit 2,9 Prozent 0,3 Prozentpunkte weniger als 2018. In diesem
Kontext werden wohl die Unternehmensinsolvenzen in 26 der 39 von
Coface untersuchten Länder steigen, im Jahr 2018 waren es nur 19
Länder.
"Der längste Industrieaufschwung der letzten 30 Jahre in der
Eurozone endete schon im vergangenen Herbst. Die Auswirkungen waren
Ende 2018, aber auch im ersten Quartal 2019 zu spüren", erklärte
Christiane von Berg, Regional Economist bei Coface für die Region
Nordeuropa, beim Kongress Länderrisiken von Coface in Mainz. Sie
rechnet mit einem Anstieg der Insolvenzen in Westeuropa um 3 Prozent
und um 4 Prozent in Mittel- und Osteuropa. "In Deutschland ist die
Erosion des Unternehmervertrauens im Verarbeitenden Gewerbe viel
stärker ausgeprägt als in den Nachbarländern. Die große Offenheit der
deutschen Wirtschaft und das Engagement in risikoreicheren
Destinationen wie Türkei, Großbritannien, China und - in geringerem
Maße - auch den USA bremsen den Auslandsumsatz."
Christiane von Berg konstatiert eine gegenläufige Entwicklung in
der deutschen Wirtschaft. "Während die Wirtschaftsaktivität im
Verarbeitenden Gewerbe deutlich abgenommen hat, wächst der
Dienstleistungssektor anhaltend weiter. Die Frage ist, ob sich beide
Wirtschaftssektoren gegenseitig ausgleichen können. Unser neuer
Coface-Konjunkturfrühindikator sagt ja, so gerade." Gegenüber anderen
Indikatoren gehen in das Prognosemodell der Coface die eigenen
Berechnungen zur Insolvenzentwicklung ein. "Hier muss man sagen: Die
guten Zeiten sind vorbei. Auch wenn wir keine Rezession
prognostizieren, wird das Umfeld für Unternehmen deutlich
anspruchsvoller. Wir waren in den letzten acht Jahren immer sinkende
Insolvenzzahlen gewöhnt. Für einige Unternehmen wird es 2019
dahingehend ein böses Erwachen geben", erwartet Christiane von Berg.
Deutschland liegt bei der Insolvenzprognose mit plus 2 Prozent
noch leicht unter der Prognose für den Euroraum. Insgesamt zeigen
sich die Länder Nordeuropas noch recht stabil. Wenig verwunderlich
ist die Situation von Großbritannien mit erhöhten Insolvenzen (plus
7,5 Prozent) aufgrund des Brexits und der damit verbundenen
politischen Unsicherheit. Ähnlich ergeht es Italien, wo das Wachstum
mehr oder weniger zum Erliegen gekommen ist und sich die
Regierungskoalition intern bekämpft. Hier dürften die Pleiten um 7
Prozent zunehmen.
Mit einigen Sorgen blickt Coface auf bestimmte Branchen. Nach dem
Automobilsektor, dessen Bewertung in Europa, Nordamerika und
Lateinamerika Anfang des Jahres herabgestuft wurde, spüren nun die
Zulieferer die Folgen des sinkenden Automobilabsatzes. Besonders
betroffen ist der Chemiesektor. Die petrochemischen Unternehmen
reagieren zudem empfindlich auf die steigenden Öl- und Ethanpreise
sowie auf Änderungen des regulatorischen Rahmens und des Verhaltens
der Verbraucher. Diese Entwicklung veranlasst Coface, den
Chemiesektor in den Vereinigten Staaten, Deutschland und den
Niederlanden auf mittleres Risiko und auf hohes Risiko in Frankreich,
Großbritannien und Italien herabzustufen.
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Datum: 09.05.2019 - 11:10 Uhr
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