Ethikrat: Keimbahneingriffe derzeit zu risikoreich, aber ethisch nicht grundsätzlich auszuschließen
(ots) - Letztes Jahr erschütterte die Geburt der ersten
genetisch veränderten Babys die Welt. Der Deutsche Ethikrat legt nun
eine Stellungnahme vor, in der er die Möglichkeiten, in das Genom
menschlicher Embryonen oder Keimzellen einzugreifen, ethisch
umfassend untersucht. Zwar hält er die menschliche Keimbahn nicht für
unantastbar. Gleichwohl beurteilt er Keimbahneingriffe derzeit wegen
ihrer unabsehbaren Risiken für ethisch unverantwortlich. Deshalb
fordert er ein Anwendungsmoratorium und empfiehlt Bundesregierung und
Bundestag, sich für eine verbindliche internationale Vereinbarung
dazu einzusetzen.
Zwingende Voraussetzung für jegliche künftige Anwendung von
Keimbahneingriffen wäre ihre hinreichende Sicherheit und Wirksamkeit
sowie die Etablierung angemessener Prozeduren und Begleitstrukturen.
Dazu erneuert der Deutsche Ethikrat einstimmig seine Forderung nach
einem breiten nationalen und internationalen Diskurs zum Thema und
empfiehlt die Einrichtung einer internationalen Institution, die
Standards für Keimbahneingriffe am Menschen erarbeitet und sich
lösungsorientiert mit deren medizinischen und gesellschaftlichen
Implikationen beschäftigt.
Unstrittig ist im Deutschen Ethikrat zudem, dass jede angemessene
Beurteilung von Keimbahneingriffen über eine reine
Chancen-Risiken-Abwägung hinausgehen muss und nur unter
Berücksichtigung von acht ethischen Orientierungsmaßstäben
befriedigen kann: Menschenwürde, Lebens- und Integritätsschutz,
Freiheit, Schädigungsvermeidung und Wohltätigkeit, Natürlichkeit,
Gerechtigkeit, Solidarität und Verantwortung.
In seiner Stellungnahme entfaltet der Ethikrat diese
Orientierungsmaßstäbe und wendet sie exemplarisch auf den vor einer
Anwendung von Keimbahninterventionen notwendigen weiteren
Forschungsprozess sowie auf drei mögliche Einsatzgebiete an: die
Vermeidung schwerer erblicher Erkrankungen, die durch die Veränderung
eines einzelnen Gens verursacht werden, die Verringerung
multifaktorieller Erkrankungsrisiken und die gezielte Verbesserung
menschlicher Eigenschaften und Fähigkeiten (Enhancement).
Dabei zeigt sich, dass es bei aller Einigkeit bezüglich des
politischen Handlungsbedarfs zu vielen Fragen unterschiedliche
Positionen gibt - auch im Deutschen Ethikrat. Beispielsweise halten
nicht alle Mitglieder Keimbahneingriffe überhaupt für sinnvoll. Eine
große Mehrheit bewertet die Weiterentwicklung und den Einsatz der
Technologie mindestens zur Vermeidung oder Verringerung genetisch
bedingter Krankheitsrisiken als ethisch legitimes Ziel. Für andere
Mitglieder lassen Keimbahneingriffe keinen ausreichend hochrangigen
Nutzen erkennen, der ihre potenziellen Nachteile rechtfertigen
könnte.
Um die wesentlichen Fragen, Argumente und Positionen transparent
und für den geforderten breiten öffentlichen und auch internationalen
Diskurs verfügbar zu machen, fasst der Deutsche Ethikrat sie in einem
analytischen Instrumentarium zusammen und visualisiert die möglichen
Entscheidungspfade und ihre Konsequenzen in einem Entscheidungsbaum.
Weitere Informationen unter http://ots.de/NVQEfN.
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Ulrike Florian
Deutscher Ethikrat
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Datum: 09.05.2019 - 11:00 Uhr
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