Kölner Stadt-Anzeiger: Ex-Präsident des NRW-Verfassungsgerichtshofs hält Kommissions-Lösung für islamischen Religionsunterricht in NRW für verfassungswidrig
Michael Bertrams: Hilfskonstruktion kann nicht von Dauer sein
(ots) - Der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofs für
Nordrhein-Westfalen, Michael Bertrams, hält die geplante Neuordnung
des islamischen Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen des
Landes NRW für verfassungswidrig. Eine im Gesetzentwurf der
schwarz-gelben Koalition als Ansprechpartnerin des Landes
vorgesehene, von den islamischen Organisationen besetzte Kommission
sei "ebenso wie das bisherige Beirats-Modell eine verfassungswidrige
Hilfskonstruktion", schreibt Bertrams im "Kölner Stadt-Anzeiger"
(Dienstag-Ausgabe). Eine solche könne auf Dauer eine islamische
Religionsgemeinschaft als Kooperationspartnerin des Staates nicht
ersetzen. "Es liegt an den Islamverbänden, die organisatorischen
Voraussetzungen für eine entsprechende Religionsgemeinschaft zu
schaffen und den Staat bei seinen Bemühungen um einen
verfassungsgemäßen Religionsunterricht und die damit angestrebte
Integration der muslimischen Schüler zu unterstützen. Doch an
Integration ist vielen Islamverbänden augenscheinlich nicht gelegen",
so Bertrams weiter. Namentlich nannte er die Türkisch-Islamische
Union DITIB mit ihrer "Nähe zum islamistischen Regime" des türkischen
Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Die bislang geltende Übergangsvorschrift für die Organisation des
islamischen Religionsunterrichts läuft zum 31. Juli aus. Der Bedarf
sei nach wie vor groß, betonte Bertrams. Derzeit besuchen rund
415.000 Schülerinnen und Schüler muslimischen Glaubens
nordrhein-westfälische Schulen. Islamischer Religionsunterricht wird
jedoch bislang lediglich für rund 20.000 Schüler an 234 Schulen
erteilt.
Positiv hob Bertrams hervor, dass die geplante Kommission
staatsfern konstituiert sein soll. Ein Mitbestimmungsrecht des Landes
bei der Besetzung entfällt. Stattdessen müssen islamische
Organisation, die in dme Gremium mitwirken wollen, einen
öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Land abschließen. "Diese
Änderung berücksichtigt einen zentralen Grundsatz des deutschen
Religionsverfassungsrechts, wonach Religionsgemeinschaften
eigenständig und unabhängig von staatlichen Stellen sein müssen", so
Bertrams.
Als eine neue Ansprechpartnerin stehe dem Land die im März von dem
Münsteraner Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide gegründete
"Muslimische Gemeinschaft NRW" zur Verfügung. Diese will den
nichtorganisierten Muslimen eine Stimme geben. Wie die anderen
islamischen Organisationen sei sie noch keine Religionsgemeinschaft,
also noch kein Kooperationspartner für die Regierung im Sinne der
Landesverfassung, stellte Bertrams klar. Dazu bedürfte es eines
bewussten Zusammenschlusses (auch) zum Zwecke gemeinsamer
Religionsausübung. "Aber das Potenzial für eine aufgeklärte
islamische Religionsgemeinschaft, die für einen weltoffenen Islam
steht, ist in der Muslimischen Gemeinschaft NRW gegeben."
Der Text im Wortlaut: https://www.ksta.de/kultur/kolumne--alles--w
as-recht-ist--das-land-nutzt-ein-verfassungswidriges-provisorium-3241
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Datum: 22.04.2019 - 13:48 Uhr
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