Paukenschlag aus Halle / Volkswagen zur Rücknahme eines Caddy zum vollen Kaufpreis verurteilt
(ots) - Die Klägerin, die von der Kölner Anwaltskanzlei
Rogert und Ulbrich, vertreten wird, kaufte ihren Caddy Comfortline im
Mai 2015 als Gebrauchtwagen mit einem Kilometerstand von 14.452 km
für 19.300,00 Euro. Am Tag der Gerichtsverhandlung hatte der Wagen
67.462 Nun entschied das Landgericht Halle als zweites Landgericht in
Deutschland, dass in einem solchen Fall der Betroffene keine
sogenannten Nutzungsentschädigung oder auch Nutzungsvorteil zu zahlen
habe, denn abweichend von der Auffassung anderer zugunsten der Pkw-
Käufer getroffener Entscheidungen hält die Kammer die Anrechnung
eines Nutzungsvorteils für unbillig (Urteil LG Halle vom 12.02.2019,
Az. 5 O 109/18).
In der Regel ziehen die Gerichte in ihren stattgebenden Urteilen
immer eine Nutzungsentschädigung vom Kaufpreis ab. Die Höhe ist
abhängig vom Kaufpreis, der gefahrenen Strecke und der anzunehmenden
Gesamtlaufleistung des Wagens. So kann durchaus ein höherer Betrag
zusammenkommen, den der Kläger nicht mehr erstattet bekommt.
Dieser Praxis schloss sich das Landgericht Halle in seinem Urteil
nicht an - die Klägerin bekommt den vollen Kaufpreis zurück, trotzdem
sie knapp 53.000 km gefahren ist.
Ein Vorteil sei nur anzurechnen, "wenn er adäquat durch das
schadenstiftende Ereignis verursacht wurde und seine Anrechnung dem
Geschädigten zumutbar ist, dem Zweck des Schadensersatzes entspricht
und den Schädiger nicht unbillig entlastet" so der BGH in einem
Urteil vom aus dem Jahre 1976, auf welches sich das Landgericht
stützt.
Vorliegend aber würde die Volkswagen AG als Schädigerin im Falle
des Vorteilsausgleichs unbillig entlastet, weshalb ausnahmsweise von
einem Vorteilsausgleich abzusehen ist.
Volkswagen habe nämlich durch den heimlichen Einbau einer
unzulässigen Abschalteinrichtung bewusst in sittenwidriger Art und
Weise Millionen von Autokäufer getäuscht. Dieser flächendeckende
Einsatz einer Manipulationssoftware über einen Zeitraum von offenbar
annähernd 10 Jahren hinweg, der sich bei lebensnaher Betrachtung
ausschließlich aus Gründen der Kostensenkung und Gewinnmaximierung
erklären ließe, würde andernfalls zu einer unbilligen Entlastung des
Konzerns führen und insbesondere bei Fahrzeugen aus den Anfangsjahren
des flächendeckenden Einbaus der Manipulationssoftware, die über
viele Jahre hinweg genutzt worden sind, im Extremfall zur fast
vollständigen Aufzehrung des zu ersetzenden Schadens führen.
"Das Urteil ist ein weiterer Meilenstein in der rechtlichen
Aufarbeitung des größten Betrugsskandals der Bundesrepublik und ein
deutlicher Fortschritt für den Verbraucherschutz", sagt Rechtsanwalt
Prof. Marco Rogert. Das Urteil zeige, dass sich die anfänglich noch
zögernd für den Verbraucher urteilende Rechtsprechung nun
entschiedener und entschlossener auf die Seite des Verbrauchers
stelle.
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Datum: 12.04.2019 - 08:30 Uhr
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