Rheinische Post: Kommentar: Der Anfang vom Ende des Brexit
(ots) - Wer langsam geht, kommt auch zum Ziel. Im Fall
des weiter auf sich warten lassenden Brexit muss man sagen, dass sich
die Geduld der Kontinentaleuropäer auszahlen könnte. Die neuerliche
Fristverlängerung für die störischen Briten ist in jedem Fall besser
als der ungeregelte Austritt des ökonomischen Schwergewichts aus der
Union. Was der Brexit ohne Abkommen an negativen Folgen auf beiden
Seiten des Ärmelkanals nach sich ziehen könnte, hat nun ein UN-Report
unmissverständlich klargemacht. Die Verlierer wären die Unternehmen
in der EU und noch mehr in Großbritannien. Die Gewinner wären die
Wirtschaftsmächte China und USA. Es ist also gut, dass die EU erneut
nachgibt, auch wenn der Brexit-Poker im britischen Unterhaus ein
Ärgernis darstellt. Und nun? Ruhe bewahren. Die Briten müssen ihren
Machtkampf selbst lösen. Die kommenden Monate dürften Rückenwind für
diejenigen bringen, die ein neues Referendum wollen. Mit jedem Tag
wächst der Druck auf die Befürworter des Austritts. Nur ablehnen, was
auf dem Tisch liegt, ist kein Plan. Die EU ist den Briten mit dem
Abkommen von November in vielen Punkten entgegengekommen. Dieses
Abkommen ist gut, und die EU sollte keine neuen Verhandlungen
zulassen. Die Briten müssen sich nun selbst eine parlamentarische
Mehrheit für den Brexit organisieren.Die EU sollte sich auf andere
(vielleicht sogar wichtigere) Themen konzentrieren. Darauf, ihr
Wohlstandsversprechen mit konkreten Maßnahmen zu unterfüttern, etwa
mit Fortschritten beim digitalen Binnenmarkt oder einer gemeinsamen
Steuerpolitik. Und mit einer handfesten europäischen
Interessenspolitik in der Welt. Das geräuschlos verhandelte, schlanke
Handelsabkommen der EU mit Japan kurz nach der Brexit-Abstimmung in
Großbritannien hat gezeigt, dass Wirtschaftsregionen mit der EU
Handel treiben wollen. Das Treffen des chinesischen
Ministerpräsidenten mit den EU-Chefs in Paris war sicher der
wichtigste Termin für die EU diese Woche. Die chinesischen Machthaber
bauen ihren Einfluss im eigenen Land durch eine Vollüberwachung der
1,3 Milliarden Bürger massiv aus und agieren auf den Weltmärkten,
etwa in Afrika, gnadenlos. Europa muss hier seine Rolle finden. Der
Brexit ist deshalb nur ein Thema für die EU. Gerade im
Europawahlkampf geht es um eine Vision für eine schlagkräftige Union,
die wirtschaftlich prosperiert, Sicherheit gemeinsam organisiert und
bei alldem ein unerschütterliches freiheitliches Wertegerüst behält.
Diese Union ist dann attraktiver denn je. Vielleicht sogar irgendwann
auch wieder für die Briten. Dann würde der gestrige Sondergipfel in
Brüssel den Anfang vom Ende des Brexits markieren.
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Datum: 10.04.2019 - 20:30 Uhr
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