Kölnische Rundschau: zur Wahl in Israel
(ots) - Bulldozer-Politik
Sandro Schmidt
zur Wahl in Israel
Israel hat gewählt, und das Erwartete ist eingetreten: Zwar hat
Herausforderer Benny Gantz dem von Korruptionsvorwürfen
angeschlagenen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hart zugesetzt.
Seine Liste Blau-Weiß liegt nach dem jetzigen Stand der Auszählung
gleichauf mit der rechtsgerichteten Likud-Partei. Doch da in der
Summe Netanjahus Bündnispartner absehbar mehr Parlamentssitze
erringen werden als potenzielle Koalitionskandidaten von Gantz, wird
der 69-Jährige wohl in seine fünfte Amtszeit gehen können.
Weitgehende Zusagen im Wahlkampf an Anhänger und potenzielle
Koalitionspartner lassen befürchten, dass Israels Politik damit in
Zukunft noch nationalistischer ausfallen wird als ohnehin schon. In
einem Interview stellte der Ministerpräsident die völkerrechtswidrige
Annektierung israelisch besiedelter Gebiete im Westjordanland in
Aussicht. Damit würde er auch in der Praxis die spätere Bildung eines
unabhängigen Palästinenserstaates, wie ihn internationale
Friedensbemühungen vorsehen, unmöglich machen. Innenpolitisch kann
Netanjahu mit dieser Politik der Stärke und Rücksichtslosigkeit
punkten. Mehr als 60 Prozent der Israelis bezeichnen sich als
rechtsnational. Ihnen vermittelt der populistische Regierungschef mit
seinem Kurs eine trügerische Sicherheit. Außenpolitisch kann sich
Netanjahu auf einen "Bruder im Geiste" verlassen: den US-Präsidenten
Donald Trump. Was der Rest der Welt von solcher Bulldozer-Politik
hält, ist beiden ziemlich egal. Von einer langfristig angelegten
Friedenspolitik in der Region verabschiedet sich Israel so vollends.
Bei den Palästinensern werden Wut, Verzweiflung, Hass und
Gewaltbereitschaft zunehmen.
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Datum: 10.04.2019 - 17:50 Uhr
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