Rheinische Post: Kommentar: Gefühl des Ausgeliefertseins
(ots) - Für Steuerzahler und Empfänger von
Sozialleistungen sollte zunächst die Unschuldsvermutung gelten. Die
allermeisten von ihnen sind unbescholtene Bürger, die ihre Steuern
ordnungsgemäß zahlen und Sozialleistungen nicht erschleichen. Doch
800.000 Kontenabfragen durch Behörden und Gerichtsvollzieher in nur
einem Jahr zeugen von einem gewachsenen Misstrauen gegenüber den
Bürgern. Hier scheint ein Damm gebrochen. Ursprünglich waren die
Kontenabfragen mit der Terrorbekämpfung begründet worden. Doch damit
wurde eine Tür geöffnet und das Bankgeheimnis immer weiter
ausgehöhlt: Immer mehr Stellen erhielten das Recht, bei Banken
Informationen über private Konten und Wertpapierdepots abzurufen. Der
Bürger bekommt davon nichts mit. Die Behörden können zwar nur bei
Verdacht auf Steuerbetrug auch Kontostände erfahren. Nachprüfen lässt
sich das durch den einzelnen aber nicht. Das Misstrauen des Staates
schürt auch das Misstrauen gegenüber dem Staat, der die Bürgerrechte
nicht wertschätzt. Was bleibt, ist ein Gefühl des Ausgeliefertseins.
Gerade im digitalen Zeitalter müsste sich der Staat eigentlich
schützend vor seine Bürger stellen, statt sie selbst zu gläsernen
Bürgern zu machen.
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Datum: 09.04.2019 - 20:12 Uhr
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