Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Brexit
(ots) - Nein, aller guten Dinge sind nicht drei: Auch
im dritten Anlauf hat Großbritanniens Premierministerin Theresa May
keine Mehrheit für ihren Brexit-Deal bekommen - und langsam, aber
sicher geht einem die Unentschlossenheit der Briten mächtig auf den
Geist. Als überzeugter Europäer hätte ich es nicht für möglich
gehalten, das einmal sagen zu müssen, doch es ist nun einmal, wie es
ist: Das Beste, was der Europäischen Union in dieser verfahrenen, ja
grotesken Situation passieren kann, ist, dass es am 12. April zu
einem No-Deal-Brexit kommt. Geht mit Gott, Ihr Briten, aber geht
endlich! Natürlich wird der Schaden groß sein für die EU - und
größer noch für Großbritannien selbst. Aber offensichtlich wollen es
die Briten nicht anders. Unter der Woche hatten die Abgeordneten des
Unterhauses acht (!) Varianten abgelehnt, wie das Vereinigte
Königreich die EU verlassen könnte, ohne dass nach dem 12. April das
wirtschaftliche Chaos ausbricht. Die Antworten: »No. No. No. No. No.
No. No. No.« Theresa May ist längst am Ende, und ihre Gegner finden
keinen Anfang - jedenfalls keinen konstruktiven. Der britische
Parlamentarismus erlebt gegenwärtig seine dunkelsten Tage. Unterhaus
und Regierung sind heillos zerstritten, absurde Szenen spielen sich
ab. Der Sprecher des Unterhauses kramt jahrhundertealte Regeln
hervor, und alle wissen nur, was nicht sie nicht wollen, aber nicht
im Geringsten, was sie denn nun wollen. Größer könnte die
Ratlosigkeit kaum mehr sein. Es ist eine Schande! So ist es richtig,
dass EU-Ratspräsident Donald Tusk unmittelbar nach der Abstimmung im
Unterhaus einen EU-Sondergipfel für den 10. April einberufen hat.
Längst ist die Staatengemeinschaft an einem Punkt angelangt, dass sie
an sich denken muss, damit das zersetzende Tun der Briten nicht noch
weitere Kreise zieht. Ja, es stimmt: Die Brexit-Abstimmung ist einst
aus rein innenpolitischen Erwägungen heraus vom Zaun gebrochen
worden, die Mehrheit für ein »Leave« wurde mit einer Lügenkampagne
erschwindelt, und wenn die Briten gehen, löst das keines ihrer
Probleme, sondern schafft im Gegenteil eine Reihe von neuen
Schwierigkeiten - auf der Insel wie für Kontinentaleuropa. Und doch
hat eine Mehrheit der Briten für den Brexit votiert - und wenn sich
dieser nicht regeln lässt, muss er ungeregelt über die Bühne gehen.
An der EU hat das ja ganz gewiss nicht gelegen. Lässt man es hingegen
zu, dass das Austrittsdatum über den 26. Mai hinaus verschoben wird,
ohne dass die Briten an der Europawahl teilnehmen (was sie ja auch
nicht wollen), dann entzieht die EU ihrem Parlament jede
Legitimation, noch bevor dieses überhaupt gewählt ist. Und dieser
Preis wäre einfach viel zu hoch!
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Datum: 29.03.2019 - 20:30 Uhr
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