BERLINER MORGENPOST: Hört auf die Leute vor Ort / Alexander Dinger über die Groß-Razzia in Berlin
(ots) - Die Behörden hatten den Großeinsatz in Neukölln
noch nicht mal ausgewertet, schon kursierten wieder die ersten
erwartbaren Meinungen. Während die einen von Show-Veranstaltungen
sprachen, forderten andere die Härte des Rechtsstaates. Diese
Grabenkämpfe sind so inhaltsleer wie ermüdend. Ein Rechtsstaat hat
nicht hart zu sein, sonder er muss einfach nur funktionieren. Gesetze
sind wunderbar emotionslos. Sie müssen nur angewandt werden.
Dass das in Neukölln in der Vergangenheit nicht immer der Fall
war, erfährt man, wenn man vor Ort ein bisschen genauer hinhört. Da
berichten Mitarbeiter aus dem Bezirksamt zum Beispiel von Shisha-Bars
und Cafés, die bekannten Clan-Paten gehören und keine ernst zu
nehmende Buchführung pflegen und immer dann, wenn man etwas gegen sie
in der Hand hat, schließen oder plötzlich einen anderen Besitzer
haben. Oder Mitarbeiter berichten von kleineren Einsätzen und
Lokalen, um die man lieber einen Bogen macht, weil dort zu viel
"Potenzial" unterwegs sei. Das heißt: In einem Lokal sitzen so viele
junge, gut durchtrainierte Männer, dass Mitarbeiter des Neuköllner
Ordnungsamtes den Laden lieber doch nicht kontrollieren.
Und da kommen die vermeintlichen Show-Veranstaltungen des
Innensenators ins Spiel. Wenn in so einem Laden mit viel Potenzial
auf einmal sehr viele gut durchtrainierte Bereitschaftspolizisten mit
noch viel mehr Potenzial stehen, dann sendet das vor allem eine
Botschaft, und die heißt: Der Staat ist stark, der Staat ist
wehrhaft. Mitarbeiter des Ordnungsamtes können ihre ganz normalen
Kontrollen wie überall sonst auch durchführen. Das ist keine Show,
sondern die emotionslose Anwendung von Gesetzen.
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Datum: 28.03.2019 - 21:49 Uhr
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