NOZ: Satiriker Micky Beisenherz prophezeit gesetzliche Regeln für Qualitätsjournalismus
(ots) - Micky Beisenherz prophezeit gesetzliche Regeln
für Qualitätsjournalismus
Satiriker sagt den "Faktenführerschein" voraus - Kritik an
Shitstorm-Kultur: "Twitter banalisiert sich selbst"
Osnabrück. Satiriker Micky Beisenherz (41) sagt eine staatliche
Regelung des Nachrichtengeschäfts voraus: "In zehn Jahren wird die
Verunsicherung so groß sein, dass es einen gesetzlichen Rahmen für
Journalismus gibt, ein Zertifikat dafür, was überhaupt Nachricht
genannt werden darf", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Man
braucht ja auch einen Hundeführerschein, warum ist Journalismus da
kein geschützter Begriff? Irgendwann gibt es wahrscheinlich einen
Faktenführerschein."
Zugleich verbindet der Dschungelcamp-Autor und Kolumnist damit die
Hoffnung auf eine Zukunft des Qualitätsjournalismus: "Ich glaube,
dass die Leute sich irgendwann das zurückwünschen, wofür sie im
Moment nichts mehr bezahlen wollen: Informationen von Menschen, die
gelernt haben, was eine Nachricht ist", sagte er. "Womöglich zahlen
die Leute dann sogar 9,99 Euro für ein Abo, weil sie begreifen, dass
sie mit zertifiziertem Journalismus mehr wissen als der doofe
Nachbar, der immer noch diese Gratis-Texte liest."
Gegenwärtig sieht Beisenherz den Journalismus allerdings in der
Krise: "''Spiegel online'' unterscheidet sich doch nur noch in einem
von ''Bild.de'': Beim ''Spiegel'' heißt es in den Kommentaren ''Sie
Arsch'', bei der ''Bild'' schreiben sie ''Du Arsch''. Ansonsten ist alles
dasselbe. Natürlich sind alle davon abhängig, möglichst schnell und
möglichst wortstark zu berichten. Und natürlich geht das auf Kosten
von Fakten. Das ist bei uns, die wir auf Twitter über die Medien
schimpfen, ja nicht anders", sagte er.
Auch die Gegenöffentlichkeit der sozialen Medien sieht Beisenherz
kritisch: "Die Wellen der Empörten stoßen mich zurzeit oft mehr ab
als die Objekte der Empörung. Alle drei Tage geht irgendeine Wutwelle
über uns weg. Gerade bei Twitter merkt man das: Alles wird in
derselben Lautstärke abgehandelt. Das Medium banalisiert sich
selbst", so Beisenherz. "Diese extreme Empörungsbereitschaft stößt
mich ab; wer sich über Nichtigkeiten echauffiert, muss nicht jammern,
wenn relevante Anliegen nicht mehr gehört werden. Wäre noch zwei Tage
über Kramp-Karrenbauer geschimpft worden, hätte ich sie am Ende in
Schutz nehmen müssen, und das wäre wirklich das Letzte, was ich
will."
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Datum: 16.03.2019 - 01:00 Uhr
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