"Vor der Bühne sind wir alle gleich": Veranstalter Folkert Koopmans spricht über neue Trends auf dem Festivalmarkt
(ots) - Neue Trends, neue Zielgruppen: Folkert Koopmans
verantwortet mit dem Hurricane und Southside Festival (Foo Fighters,
Mumford & Sons, Die Toten Hosen, The Cure, Macklemore, Tame Impala)
zwei der wichtigsten Festivals Europas. Im Interview erzählt er,
welche Entwicklungen in der Branche 2019 und darüber hinaus wichtig
sind.
Festivals, das sind Großveranstaltungen für junge Leute, die
einfach unbeschwert feiern wollen. Trifft dieses Bild noch zu?
Koopmans: Natürlich trifft das teilweise zu, aber seit wann wollen
nur junge Menschen feiern? Wer sich die letzten Jahre auf dem
Hurricane, Southside oder anderen großen Festivals umgeschaut hat,
konnte sehen, dass diese Form der Live-Musik gerade von neuen
Zielgruppen erschlossen wird. Wir haben in diesem Jahr so früh wie
noch nie Tagestickets in den Verkauf gegeben, denn die Nachfrage von
älteren Musikfans ist rasant gestiegen. Als wir im vergangenen Jahr
nach langer Zeit wieder Tagestickets angeboten haben, waren wir vom
tatsächlichen Ausmaß der Nachfrage selbst überrascht. Das hat uns
ermutigt, diesen Weg weiterzugehen: Tagestickets bedeuten für uns
Veranstalter eine große logistische Herausforderung, da wir
beispielsweise eigene Bändchen und Parkplätze vorhalten müssen. Diese
Arbeit lohnt sich nur, wenn das Angebot entsprechend viele Menschen
annehmen. Leute also, die Foo Fighters, Mumford & Sons, Die Toten
Hosen, The Cure, Macklemore oder Tame Impala live sehen wollen, aber
eine Nacht im Zelt eben nicht mehr so gut wegstecken wie jemand
Anfang 20.
Warum geht diese Zielgruppe nicht einfach zu einem Einzel-Konzert?
Koopmans: Tut sie ja, aber oft hat ein Festival eben nicht nur
eine besondere Atmosphäre, sondern ist auch die einzige Gelegenheit,
eine Band zu sehen. Außerdem ist das Preis-Leistungs-Verhältnis
sicherlich auch ein ganz wichtiger Punkt. Wer in diesem Jahr
beispielsweise ein Tagesticket für den Hurricane-Sonntag kauft,
erlebt an einem Tag voller Konzerte zwei vollwertige Shows
internationaler Top-Acts wie Foo Fighters und The Cure für einen
Preis, den man normalerweise für nur eine Show dieser Künstler zahlen
würde. Dafür haben wir den Timetable übrigens so umgestaltet, dass
unsere Besucher beide Headliner genießen können.
Uns fasziniert auch, dass Festival-Gigs von Künstlern und Publikum
als etwas ganz Besonderes wahrgenommen werden. Die Atmosphäre ist
grundlegend anders, wenn die Mehrheit der Zuhörer für ein paar Tage
ihrem Alltag entflieht anstatt in Gedanken schon beim Rückweg oder
der Arbeit am nächsten Morgen zu sein. Das versteht nur, wer einmal
ein mehrtägiges Festival besucht hat. Oder natürlich, wer bei uns
arbeitet. Unser Team, mich eingeschlossen, besteht aus Menschen, die
Musikfestivals leben und lieben.
Sind diese magischen Musik-Momente am nächsten Morgen nicht
schnell wieder vergessen, wenn der Rücken weh tut...
Koopmans: Wer länger bleiben möchte, muss nicht mehr zwangsläufig
sein eigenes Zelt mitbringen. Auch das hat sich in den vergangenen
Jahren geändert: Komfortable Unterkünfte sind ein weiterer Trend, bei
dem wir eine starke Nachfrage bemerken. Mittlerweile bieten wir vom
bereits aufgebauten Zelt bis hin zur Luxus-Unterkunft mit richtigen
Betten viele Wohnoptionen für Camping-Muffel. Wichtig ist uns dabei
nur, dass wir immer noch genug Platz für Gäste lassen, die einfach
nur campen möchten. Doch auch für diese arbeiten wir an stetigen
Verbesserungen, die sie oft gar nicht mitbekommen: Beispielsweise
investieren wir einen Millionenbetrag in Entwässerungsmaßnahmen auf
dem Hurricane-Gelände, von denen unsere Gäste, aber ganzjährig auch
die örtliche Flora und Fauna profitieren werden. Ähnlich beim
Southside, wo wir haben in den letzten Jahren etliche Wege und
Flächen innerhalb, aber auch außerhalb des Gewerbeparks ertüchtigt
haben, so dass diese auch bei extremeren Wettersituationen nutzbar
sind, aber auch in Nichtfestivalzeiten im Rahmen der Landwirtschaft
o.ä. genutzt werden können. Weitere Beispiele sind begrünte
Campingflächen, die Ausgleichszahlungen für die Landwirte nach sich
ziehen oder die Einbindung ans Glasfasernetz beim Hurricane oder eine
Beteiligung am Ausbau von Wasserleitungen der Gemeinde Neuhausen ob
Eck und des Gewerbeparks beim Southside.
Was gibt es neben musikalischen alten und neuen Helden noch zu
entdecken?
Jung und Alt teilen sich davon abgesehen die Leidenschaft für
gutes Essen, die wir durch ein mittlerweile sehr stattliches
gastronomisches Angebot bedienen. Ich selbst genieße es übrigens
sehr, auf dem Gelände Gerichte aus aller Welt zu probieren. Auch
unsere Lounges kommen sowohl beim Hurricane als auch beim Southside
gut an. Hier können Besucher das Programm auf den Hauptbühnen in
einem komfortablen, erhöhten Raum mit Balkon beobachten, Catering
inklusive.
Haben Glamping und Co. denn noch etwas mit dem ursprünglichen
Festival-Gedanken zu tun?
Koopmans: Ich veranstalte seit gut 30 Jahren Festivals, daher
denke ich, dass ich mir auf diese Frage ein klares "Ja" erlauben
darf. Klar, auch meine persönlichen Ansprüche an eine halbwegs
erholsame Nacht haben sich in dieser Zeit verändert, aber deshalb
habe ich ja nicht aufgehört, Musikfan zu sein. Besondere
Konzertmomente verursachen bei mir immer noch Gänsehaut, und ich
möchte nicht auf diese Momente verzichten. Genauso geht es eben auch
vielen Musikliebhabern neben mir.
Mein Wunsch ist, dass unsere Festivals Orte bleiben, an denen sich
viele unterschiedliche Menschen begegnen können. Damit meine ich
nicht nur unterschiedliche Altersgruppen oder Kulturen, sondern
beispielsweise auch Menschen, die eine weite Anreise haben oder
direkt aus der Nachbarschaft kommen. Das Hurricane oder Southside
wäre nichts ohne die Unterstützung aus der Region. Letztendlich ist
es egal, woher Du kommst, oder wie lange Du bleibst. Wir sind
Musikfans und wollen gemeinsam eine tolle Zeit haben. Spätestens vor
der Bühne sind wir sowieso alle gleich.
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Ein Porträtfoto von Folkert Koopmans gibt es auf Anfrage bei
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Datum: 28.02.2019 - 11:10 Uhr
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