Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Plastikmüll: Wider die Verpackungsflut von Reinhard Zweigler
(ots) - Wenn es ganz schlimm kommen sollte, dann würde
schon in wenigen Jahrzehnten mehr Plastikmüll als Fische und andere
Tiere in den Weltmeeren schwimmen. Doch noch haben wir es in der
Hand, solch schrecklichen Szenarien zu verhindern. Die Reduzierung
von unsinnigen Verpackungen aus Kunststoffen klingt wie eine kleine
Aufgabe, sie ist jedoch, ähnlich wie die Begrenzung der Erderwärmung,
eine verdammt große Herausforderung für die Menschheit. Das, was man
vor Jahren ganz locker und unbedacht als "Wegwerfgesellschaft"
bezeichnete, stößt schon lange brutal an die globalen Grenzen. Lange
Zeit standen in Plastik verpackte Lebensmittel für gute Hygiene und
Haltbarkeit. Doch längst ist daraus ein riesiges Müllproblem
erwachsen. Auch eine weite Reise beginnt mit dem ersten Schritt, sagt
ein chinesisches Sprichwort. So gesehen hat die deutsche
Umweltministerin Svenja Schulze gestern mit Handelsunternehmen,
Herstellern sowie Umweltverbänden einen ersten, wenn auch nur kleinen
Schritt hin zu weniger Verpackungsmüll in den Supermärkten und
Geschäften gemacht. Dass Problem daran ist, dass die sonst so forsche
Ministerin lediglich auf freiwillige Reduzierungen setzt. Zu
verbindlichen Zielen, die in den nächsten Jahren konkret überprüft
werden könnten, fehlt Schulze derzeit offenbar der Mut. Dabei zeigt
doch der Dieselskandal in der Autoindustrie, dass freiwillige
Verpflichtungen oft nicht das Papier wert sind, auf dem sie fixiert
worden sind. Mag sein, dass die tapfere SPD-Ministerin, die gerade
mit ihrem Entwurf eines verbindlichen Klimagesetzes gegen die Wand -
beziehungsweise gegen den harten Widerstand vieler Kabinettskollegen
- läuft, an dieser Stelle die Daumenschrauben nicht so heftig
anziehen wollte. Und ja, es ist zumindest etwas dran, dass der Handel
bereits selbst Plastik reduziert hat. Man schaue nur auf die
Einweg-Plastik-Einkaufstüten, die, weil sie mit einem Preis versehen
wurden, immer mehr aus den Läden verschwinden. Gut so. Dennoch bleibt
es ein großes Ärgernis, dass etwa ausgerechnet Bio-Lebensmittel,
Gurken, Bananen, Käse und anderes, von Plastikfolie umhüllt werden.
Und es bleibt ein Rätsel, warum etwa auf Äpfeln Aufkleber mit dem
Herkunftsnachweis - ob aus Südtirol oder Neuseeland - prangen müssen,
die sich noch dazu nur schwer entfernen lassen. Ein Armutszeugnis der
mächtigen Handelsketten ist es freilich, wenn die den Schwarzen Peter
flott an die Hersteller weiter reichen. Die seien schließlich für die
Verpackung ihrer Waren verantwortlich. Dabei geben die
Einzelhandelskonzerne ihren Lieferanten doch in der Regel haarklein
vor, wie die ihre Produkte zu liefern haben. Umgekehrt wird ein Schuh
draus. Der Handel muss ebenfalls Druck machen, dass schon bei den
Produzenten Plastikverpackungen reduziert und, wo immer es geht, ganz
vermieden werden. Zudem ist Plastik nicht gleich Plastik. Es gibt
derzeit Hunderte Arten davon, mit zig Stoffen und Verbindungen darin,
was das Recycling erschwert oder ganz unmöglich macht. Erst Recht
brauchen Forschung und Entwicklung von umweltfreundlicheren,
abbaubaren Verpackungen einen kräftigen Schub. Damit sie den Weg aus
den Laboren in die Supermärkte finden. Vieles liegt allerdings auch
in der Hand jedes Verbrauchers, jeder Verbaucherin selbst. Man muss
sich nicht mit aufwendigen Verpackungen zufriedengeben. Manchmal
hilft schon der Jute- oder Baumwollbeutel weiter, um Obst und Gemüse
gut nach Hause zu transportieren. Und an der Wurst- und Fleischtheke,
beim Metzger sollte es zur Normalität werden, die Ware in
mitgebrachte Behältnisse zu geben. Ohne dass die Hygiene leidet.
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Datum: 27.02.2019 - 19:10 Uhr
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