BGH stuft Abschalteinrichtung als Sachmangel ein
(ots) - Nachdem der zuständige Senat des BGH den
Verhandlungstermin vom 27. Februar 2019 unter Hinweis auf einen
Vergleich zwischen den Parteien aufgehoben hat, wiesen die Richter in
einem Beschluss auf ihre vorläufige Rechtsauffassung hin.
Sie betonten, "dass bei einem Fahrzeug, welches bei Übergabe an
den Käufer mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet
ist, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem
normalen Fahrbetrieb reduziert, vom Vorliegen eines Sachmangels
auszugehen sein dürfte (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB), weil die
Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum
Straßenverkehr zuständige Behörde besteht und es damit an der Eignung
der Sache für die gewöhnliche Verwendung (Nutzung im Straßenverkehr)
fehlen dürfte".
Weiterhin wies der Senat darauf hin, "dass die Auffassung des
Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft sein könnte, die vom Käufer gemäß
§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB geforderte Ersatzlieferung eines mangelfreien
Neufahrzeugs sei unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB), weil der Kläger ein
Fahrzeug der ersten Generation der betreffenden Serie (hier: VW
Tiguan 2.0 TDI) erworben habe, diese aber nicht mehr hergestellt
werde und ein solches Modell auch nicht mehr beschafft werden könne.
Denn im Hinblick auf den Inhalt der vom Verkäufer vertraglich
übernommenen Beschaffungspflicht dürfte - anders als das
Berufungsgericht gemeint hat - ein mit einem nachträglichen
Modellwechsel einhergehender mehr oder weniger großer Änderungsumfang
für die Interessenlage des Verkäufers in der Regel ohne Belang sein.
Vielmehr dürfte es - nicht anders als sei das betreffende Modell noch
lieferbar - im Wesentlichen auf die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten
ankommen. Dies führt jedoch nicht zur Unmöglichkeit der Leistung
gemäß § 275 Abs. 1 BGB; vielmehr kann der Verkäufer eine
Ersatzlieferung gegebenenfalls unter den im Einzelfall
festzustellenden Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB verweigern,
sofern die Ersatzlieferung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich
ist."
Prof Dr. Marco Rogert, Partner der Kanzlei Rogert & Ulbrich, die
mehrere tausend Betroffene im Abgasskandal vertritt, ist über diesen
Beschluss hocherfreut:
"Der Bundesgerichtshof hat erfreulicherweise für alle Betroffenen
eine klare Aussage dazu getroffen, ob die Betroffenheit eines
Diesel-Kraftfahrzeuges von dem Vorhandensein einer illegalen
Abschalteinrichtung als Sachmangel zu qualifizieren ist. Das hat der
BGH eindeutig bejaht.
Vordergründig hat diese Feststellung nur Auswirkungen auf
Gewährleistungsfälle, die derzeit kaum noch rechtshängig sind.
Weitaus brisanter ist diese Aussage allerdings für die Tausenden
deliktischen Klagen, denn wer einen Mangel bejaht und davon ausgeht,
dass dieser vorsätzlich verschwiegen wurde, ist schnell bei einer
vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung und damit bei einem
Schadenersatzanspruch wie er im Rahmen der Tausenden Einzelklagen und
der Musterfeststellungsklage des vzbv geltend gemacht wird.
Kurzum: Ein guter Tag für die Betroffenen, nachdem das OLG
Braunschweig einige Betroffene verunsichert hatte."
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Rechtsanwalt
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Datum: 25.02.2019 - 09:56 Uhr
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