Ohne Hardware-Nachrüstung keine saubere Luft - Deutsche Umwelthilfe präsentiert alarmierende Abgasmessungen an Euro 5 und 6 Diesel-Pkw
(ots) - Straßenmessungen des Emissions-Kontroll-Instituts
der Deutschen Umwelthilfe zeigen insbesondere bei winterlichen
Außentemperaturen Wirkungslosigkeit der Software-Updates - DUH deckt
Audi 3.0 Liter Dieselmodelle mit extrem hohen Schadstoffemissionen
auf, für die das Kraftfahrt-Bundesamt bislang keinen Rückruf
angeordnet hat - Straßenmessungen an einzelnen Euro 6 Diesel-Pkw
zeigen, dass Einhaltung des NOx-Grenzwertes auf der Straße ohne
rechtswidrige Verschlechterungsfaktoren möglich ist - DUH hat Klage
gegen das Kraftfahrt-Bundesamt auf Offenlegungen aller dem Amt
bekannten Abschalteinrichtungen sowie der Messdaten zur Wirksamkeit
von Software-Updates auf der Straße bei unterschiedlichen
Außentemperaturen eingereicht
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat in ihrem
Emissions-Kontroll-Institut (EKI) in den vergangenen Monaten
Abgasmessungen bei Dieselfahrzeugen im realen Betrieb insbesondere
bei winterlichen Temperaturen auf der Straße durchgeführt. Die
Ergebnisse zeigen abermals, dass die vom Bundesverkehrsministerium
angeordneten Software-Updates weitgehend unwirksam sind, um den
Ausstoß des gesundheitsschädlichen Stickoxids (NOx) zu mindern. Auch
von den aktuell 2,2 Millionen Diesel-Pkw mit ausstehenden
Software-Updates erwartet die DUH keine Verbesserung der
innerstädtischen Luftqualität. Selbst die wenigen vom
Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) veröffentlichten Messdaten nach dem
Software-Update zeigen einen Anstieg der NOx-Emissionen im Vergleich
zu den NOx-Werten vor dem Update - etwa bei VW Diesel einen Anstieg
von einem Prozent, bei Opel Diesel-Pkw nach dem Update sogar einen
absurden Anstieg von 34 Prozent.
Die DUH fordert Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer auf, die
betrügerisch agierenden Dieselkonzerne im In- wie Ausland zu einer
Hardware-Nachrüstung zu verpflichten, die tatsächlich die
NOx-Emissionen senkt. Dies ist möglich über angeordnete Rückrufe
durch das KBA, so wie es beispielsweise auch bei defekten
Airbag-Sensoren selbstverständlich ist.
Für die Untersuchung der Wirksamkeit der Software-Updates wurden
im EKI Straßen-Abgasmessungen der NOx-Emissionen von drei Diesel-Pkw
der Abgasnorm Euro 5 jeweils vor und nach dem amtlich verfügten
Software-Update durchgeführt. Die Fahrzeuge zeigten insbesondere bei
den im Winterhalbjahr niedrigeren Außentemperaturen kaum
Verringerungen der extrem hohen NOx-Emissionen. Der Euro 5
NOx-Grenzwert von 180 mg/km wurde um das 3,3 bis 6,3-fache
überschritten. Selbst bei Temperaturen zwischen +9 und +13 Grad
Celsius zeigte ein getestetes Euro 5 Modell nach Software-Update
weiterhin eine 3,3-fache Überschreitung des NOx-Grenzwerts.
"Warum ordnet Verkehrsminister Andreas Scheuer keinen amtlichen
Rückruf für die elf Millionen Betrugs-Diesel der Abgasstufe Euro 5
und 6 an, die im Durchschnitt die Grenzwerte für den Schadstoff NOx
um das 5- bzw. 6-fache überschreiten? Software-Updates wie bei VW und
Opel, die selbst bei Straßenmessungen des Kraftfahrt-Bundesamts keine
Verbesserung oder gar eine Erhöhung der Stickoxid-Emissionen zur
Folge haben, zeigen die Unwirksamkeit dieser Maßnahme für die
Luftreinhaltung", sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Die Messungen der Euro 5 Diesel-Pkw vor und nach dem Software-Update
bestätigen Ergebnisse, die die DUH bereits früher im EKI bei anderen
Pkw ermittelt hatte: Selbst bei sommerlichen Temperaturen liegen die
NOx-Emissionen bei einem getesteten VW Tiguan 2.0 TDI um den Faktor
3,3 über dem Euro 5 NOx-Grenzwert von 180 mg/km. Eine minimale
Verringerung der NOx-Werte von nur acht Prozent zeigte ein Skoda Yeti
2.0 TDI: Lagen die Werte zuvor bei +11 bis +15 Grad Celsius bei 772
mg NOx/km, so wurden nach dem Update bei +3 bis +4 Grad immer noch
713 mg NOx/km ermittelt. Noch geringer fiel die Minderung bei einem
Audi 4 2.0 TDI aus, der zugleich mit extremen
Grenzwertüberschreitungen besonders negativ auffiel: Mit 1.134 mg
NOx/km nach dem Software-Update wurde bei Außentemperaturen zwischen
-2 und -4 Grad Celsius der zuvor ermittelte Wert von 1.173 mg/km um
nur 3 Prozent verringert. Damit überschreitet das Fahrzeug nach dem
Software-Update den Grenzwert um den Faktor 6,3.
Die im EKI gemessenen Werte von Fahrzeugen mit Software-Updates
liegen allesamt auch deutlich über dem Grenzwert von 270 mg NOx/km,
den das Bundesverkehrsministerium für Euro 5 Diesel-Pkw festgelegt
hatte, die mit einer Hardware-Nachrüstung repariert werden und die
danach Zugang auch zu Gebieten mit Verkehrsbeschränkungen erhalten
sollen.
"Die Messergebnisse verdeutlichen, dass auch die Diesel-Pkw mit
Software-Update zu Recht aus stark belasteten Innenstädten
ausgesperrt werden müssen. Einzig eine Reparatur der
funktionsuntüchtigen Abgasreinigung und der Einbau eines auch im
realen Straßenbetrieb funktionstüchtigen Katalysators auf Kosten der
Hersteller sind geeignet, die Mobilität der Diesel-Besitzer
sicherzustellen und so die Luft sauberer zu bekommen", so Resch. Die
DUH hat daher das KBA vor dem Verwaltungsgericht Schleswig verklagt,
alle vorliegenden Messdaten zur Wirksamkeit der Software-Updates
sowie alle dem Amt bekannt gewordenen bzw. nachträglich bewilligten
Abschalteinrichtungen auszuhändigen.
Hartmut Bäumer, Gründer des "Aktionsbündnis Gerechtigkeit im
VW-Abgasskandal" hat seinen Euro 5 Betrugs-Diesel im EKI testen
lassen. Er ist der Eigentümer des Audi A4 mit den besonders hohen
NOx-Emissionen von 1.134 mg NOx/km nach dem Software-Update: "Mit
Worten lässt sich nicht mehr fassen, was Bundes- und Landespolitiker
den betrogenen Dieselfahrern zumuten, um die Autobranche zu schützen.
Anstatt endlich flächendeckend für ein technisches Hardware-Update zu
sorgen, welches die Luft in unseren Städten sauberer macht, werden
wir Dieselfahrer gezwungen, ein Software-Update durchzuführen, das
den NOx-Ausstoß praktisch nicht verbessert, dafür aber den
CO2-Ausstoß erhöht. Als ehemaliger Amtschef eines
Verkehrsministeriums frage ich mich heute: Was an Gefährdung von
Menschen, Klima und Rechtsstaat muss uns ein Bundesverkehrsminister
Scheuer eigentlich noch zumuten, um endlich aus dem Amt entfernt zu
werden?"
Nach wie vor sind für weitere Betrugs-Diesel-Modelle noch
keinerlei Maßnahmen durch das zuständige KBA angeordnet, obgleich die
Abgaswerte erschreckend hoch sind. Dies zeigen die DUH Messungen an
drei Audi-Modellen der Eurostufe 5, jeweils ausgestattet mit einem
Partikelfilter. Ein Audi A 4 3.0 TDI wies einen NOx-Ausstoß von 803
mg/km auf. Die Messungen erfolgten bei Außentemperaturen zwischen +13
und +22 Grad. Ein Audi A 7 3.0 TDI mit 150 kW, gemessen bei
Außentemperaturen zwischen +17 und +27 Grad Celsius, zeigte NOx-Werte
von 1004 mg/km im Schnitt. Negativer Spitzenreiter dieser Gruppe ist
ein Audi A 7 3.0 TDI mit 180 kW: Im Schnitt lag der NOx-Ausstoß bei
Außentemperaturen zwischen +8 und +11 Grad Celsius hier bei 1.764 und
damit 9,8-fach oberhalb des Euro 5 NOx-Grenzwerts.
"Unsere Messungen zeigen deutlich die Abhängigkeit der
Schadstoffemissionen von der Außentemperatur. Je kälter die
Außentemperaturen sind, desto höher die Abgaswerte. Eine
Beeinflussung der Wirksamkeit der Abgasreinigungssysteme in
Abhängigkeit von der Außentemperatur hat keinerlei technische
Begründung und ist ganz klar unzulässig", schlussfolgert Axel
Friedrich, Projektleiter des EKI.
Ein getesteter BMW X3 xDrive 20d Euro 6 überschritt mit 413 mg
NOx/km den geltenden Grenzwert von 80 mg NOx/km um das 5,2-fache.
Ebenfalls wurden im EKI zwei Fahrzeuge der Abgasstufe Euro 6 d-temp
gemessen. Dabei ergaben die Messungen beim BMW 320d, der neben einem
SCR-Kat auch über einen Speicherkat verfügt, einen durchschnittlichen
NOx-Ausstoß von 63 mg/km, dies bei Außentemperaturen zwischen +2 und
+5 Grad Celsius. Der Grenzwert für Euro 6 beträgt 80 mg/km. Noch
geringer fiel der Durchschnittswert beim Mercedes E 220d aus. Hier
lagen die Temperaturen zwischen -6 und 0 Grad. Das mit einem
SCR-Katalysator ausgestattete Modell wies NOx-Emissionen von 21 mg/km
im Schnitt auf. "Diese Ergebnisse bestätigen, dass eine Einhaltung
des Euro 6 Grenzwerts für NOx auch auf der Straße möglich ist. Die
vom Europäischen Gericht als rechtswidrig eingestufte Erhöhung des
Euro 6 NOx-Grenzwerts bei der aktuellen Norm Euro 6d-temp um den
Faktor 2,1, die von den Herstellern im Zuge der Einführung von
Straßenmessungen in das Typzulassungsverfahren durchgesetzt wurde,
ist technisch nicht notwendig. Die Dieselkonzerne sind aufgefordert,
nur noch Neufahrzeuge auf den Markt zu bringen, die im Sommer wie
Winter auf der Straße den Euro 6 Grenzwert für NOx von 80 mg/km
sicher unterschreiten", so Resch.
Links:
Zu den Messergebnissen: http://l.duh.de/p190222
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch(at)duh.de
Dr. Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsexperte
0157 71592163, axel.friedrich.berlin(at)gmail.com
Hartmut Bäumer, Gründer des "Aktionsbündnisses Gerechtigkeit im
VW-Abgasskandal"
hbaeumer(at)bridges.de
DUH-Pressestelle:
Ann-Kathrin Marggraf, Marlen Bachmann
030 2400867-20, presse(at)duh.de
www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe
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Datum: 22.02.2019 - 11:30 Uhr
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