Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur ARD
(ots) - Nur ein »Denkanstoß« und eine
»Diskussionsgrundlage«? Nein, das kann die ARD niemandem weismachen.
Das »Framing Manual« ist das, was es wörtlich bedeutet: eine konkrete
Gebrauchsanweisung mit praktischen Handlungstipps und dem Ziel, die
Rundfunkanstalt gegen Kritik immun zu machen - mit semantischen und
rhetorischen Mitteln.
Aber der Reihe nach. 2016 war für die ganze Republik ein
aufgeregtes Jahr. Wer die Flüchtlingsbewegung nach Deutschland als
»Krise« betrachtete, fand für den Begriff viele Argumente. 2015 und
2016 wanderten addiert mehr als 1,2 Millionen Flüchtlinge ein - und
mit ihnen eine ganze Reihe von Problemen, die für die Gesellschaft
neu waren.
Zu der Zeit kamen Vorwürfe gegen ARD und ZDF auf, wonach die
Sender über die negativen Folgen der Flüchtlingspolitik nicht
angemessen berichteten. Es etablierten sich die Begriffe
»Staatsfunk«, »Systemmedien« und »Lügenpresse«. In den roten Bereich
geriet die Debatte im Oktober 2016, als die Vergewaltigung und
Ermordung der Freiburger Medizinstudentin Maria L. durch den
afghanischen Asylbewerber Hussein K. der »Tagesschau« keine Nachricht
wert war.
Kai Gniffke, Chefredakteur von »ARD aktuell«, verstieg sich zu der
Begründung, dass regionale Ereignisse in den Hauptnachrichten
grundsätzlich keinen Platz fänden. Kritiker wandten ein, dass
vereinzelte Erfolgsmeldungen von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt,
über die berichtet würde, schließlich auch nur regionale Ereignisse
seien.
So nahm der Druck auf die ARD zu. Anfang Dezember 2016 kamen dann
zwei Vergewaltigungen in Bochum, begangen von einem irakischen
Asylbewerber, in der »Tagesschau« und den »Tagesthemen« vor. Mit
folgender Selbstrechtfertigung von Kai Gniffke: »Nicht unsere
Standards haben sich verändert, aber die Realität hat sich
verändert.«
Womöglich auch wegen dieser Debatte gab die ARD dann das »Framing
Manual« bei der Linguistin Elisabeth Wehling in Auftrag. Und wohl
auch aus Sorge davor, dass die Zahl der GEZ-Verweigerer - zu dem
Zeitpunkt befanden sich mehr als 4,5 Millionen Beitragspflichtige in
Mahnverfahren - weiter steigen könnte. Dass der damals in der ARD
geschäftsführende Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) Elisabeth Wehling den
Auftrag erteilte, lag mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auch an
eigenen Erfahrungen im Osten mit Pegida und AfD.
Der Eindruck drängt sich auf, dass seit der internen Verbreitung
der Gebrauchsanweisung vor zwei Jahren die moralisierende Art bis
heute noch ausgeprägter geworden ist. Wer an Objektivität und
Seriosität von ARD und auch ZDF zweifelt, darf sich jetzt nach der
Veröffentlichung des 89-seitigen Papiers bestätigt fühlen. Es ist so
etwas wie ein Beweis. Jeder selbstständig denkende Mensch muss das,
was da hinter den öffentlich-rechtlichen Kulissen abläuft, für
gefährlich halten - nämlich für einen Angriff auf die individuelle
Freiheit. Die Absicht, die dahinter steckt, kommt einer Gehirnwäsche
sehr nah. Das Denken, das zum Vorschein kommt, basiert auf
totalitären Vorstellungen.
Und wenn die Existenz der ARD in ihrer jetzigen Form dann auch
noch zum »allgemeinen Willen des Volkes« erklärt wird, stellen sich
ganz andere Fragen. Wenn die AfD vom »Volk« redet, macht die ARD
daraus ein Problem. Und was ist hier, in eigener Sache?
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte nicht allzu lange damit
warten, sich von diesem »Framing Manual« zu distanzieren. Das wäre
zumindest ein erster Schritt auf dem Weg zurück zur Glaubwürdigkeit.
Man kommt Anhängern des Totalitarismus nicht mit totalitären
Ansätzen und Bunkermentalität bei. Im Gegenteil: Damit spaltet man
die Gesellschaft noch tiefer und radikalisiert sich am Ende auch noch
selbst.
Wer es gut mit diesem Land meint, der tut alles dafür, dass die
Zeit der Volksempfänger und Feindsender nicht wiederkehrt.
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Scholz Stephan
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Datum: 19.02.2019 - 21:00 Uhr
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