ZDF-Programmhinweis / Sonntag, 3. März 2019
(ots) -
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Sonntag, 3. März 2019, 18:00 Uhr
ZDF.reportage
B96 - Roadtrip auf der Straße der Träume (1)
Die B96 beginnt in einem großen Kreisverkehr, auf dem Ring um die
Altstadt von Zittau. Seit der Wende wurde die Stadt fast vollständig
saniert.
Trotzdem fehlen vor allem junge Leute, denn gut bezahlte Jobs sind
noch immer rar. Felix Matthias Weickelt ist Musikpädagoge und kam
nach seinem Studium zurück. "Die Jungen müssen bleiben und anpacken,
denn hier kann man mittlerweile gut leben und hat große Chancen", ist
er überzeugt. Nur wenige Kilometer weiter stehen die
Produktionshallen des ehemaligen Robur-Werks. Die alte
Industriearchitektur steht unter Denkmalschutz und zerfällt immer
mehr. Früher wurden hier Motoren, Achsen und Karosserierahmen für Lkw
gebaut. Im VEB Robur-Werke Zittau waren 5000 Menschen beschäftigt.
Nach der Wende verhandelte der letzte Direktor Johannes Dünsch mit
der Treuhand. 1200 Jobs sollten erhalten bleiben, dann aber wurde das
Werk 1991 geschlossen.
Nur 13 Kilometer von Zittau entfernt steht direkt an der B96 in
Oderwitz eines der schönen Lausitzer Umgebindehäuser, die
Feinbäckerei Otto. Seit 1894 ist das Haus ein familiengeführter
Handwerksbetrieb und wird heute von Babette und Roman Otto geführt.
In den letzten Jahren hat das Ehepaar viel investiert, beschäftigt 20
Angestellte und verwöhnt die Kunden mit alten und regionale
Rezepturen.
Sehr erfolgreich produziert man auch in der Bierbrauerei in Eibau.
Die Chefin Julia Böhmer hat einen großen Anteil daran. "Bier ist ein
tolles Thema", sagt sie, "man kommt immer sofort ins Gespräch". Seit
2010 hat sie die Ausrichtung des mittelständischen Unternehmens
maßgeblich bestimmt und das Exportgeschäft angekurbelt. Eibauer Bier
wird heute bis nach China, Japan, Russland und Korea exportiert.
Durch eine sanfte Hügellandschaft schlängelt sich die B96 durch die
Oberlausitz. Rund 6000 Umgebindehäuser gibt es noch. Die alte
Volksbauweise ist einmalig in Europa und prägt die Landschaft an
diesem Teil der B96.
Die Altstadt von Bautzen liegt auf einem Berg und wurde aufwendig
saniert. Alle Straßen und Geschäfte sind zweisprachig gekennzeichnet,
denn Bautzen ist das Zentrum der sorbischen Minderheit. Monika und
Thomas Lukasch führen das sorbische Restaurant "Wjelbik" mitten in
der Altstadt. Für das Ehepaar war immer klar, dass sie nach
Lehrjahren im französischen Strasbourg zurückkehren werden. "Unsere
sorbische Kultur können wir nur in der Heimat leben", ist die
34-Jährige überzeugt und ergänzt: "In der Fremde bleiben wir immer
fremd."
Bautzen - ist sehr zum Leidwesen seiner Einwohner - vor allem durch
den Stasi-Knast bekannt. Als Untersuchungshaft geführt, war er seit
1956 der Strafvollzug für politische Häftlinge in der DDR und
einziges Gefängnis, welches direkt der Staatsicherheit unterstellt
war.
Gerald Bause kam im Januar 1989 nach Bautzen und wurde aufgrund einer
Protestresolution zu einem Jahr und zehn Monaten verurteilt.
Heute ist der Gebäudekomplex Gedenkstätte und wird von Silke Klewin
geführt. Die Aufarbeitung ist noch immer schwierig, so ihre
Erfahrung, denn die Bautzener wollen ihre Stadt nicht nur auf Stasi
und Knast reduziert wissen.
Hoyerswerda ist die nächste Station. Hier entstand an der B96 die
erste sozialistische Großsiedlung in Plattenbauweise. Bis in die
späten 1980er Jahre wurden zehn Wohnkomplexe gebaut. Vor der Wende
lebten fast 70 000 Menschen in der Stadt, heute hat sich die
Einwohnerzahl fast halbiert. Viele gingen weg, um woanders Arbeit zu
suchen. Die Neubaublocks wurden wieder abgerissen oder zurückgebaut.
Dennoch, die Menschen die blieben, fühlen sich in der "Platte" und in
der Neustadt wohl, entgegen vieler Vorteile.
Hinter Hoyerswerda verlässt die B96 den Freistaat Sachsen und nähert
sich den Braunkohlegruben der Lausitz. Da, wo die Bagger weiterzogen,
wurde renaturiert oder die Tagebaue geflutet. Es entstand das
Lausitzer Seenland, Europas größte künstlich angelegte
Wasserlandschaft. Mittendrin liegt der Senftenberger See - einst
Braunkohletagebau, heute Freizeit- und Ferienparadies. Von hier geht
es direkt nach Berlin.
Sonntag, 10. März 2019, 18:00 Uhr
ZDF.reportage
B96 - Roadtrip auf der Straße der Träume (2)
Nach 53 Kilometern getrennter Wegstrecke durch Ost- und Westberlin
führt die B96 am nördlichen Stadtrand wieder zusammen. Die alte
Streckenführung der B96 ging dicht am Schloss Oranienburg vorbei,
einem der ältesten Barockbauten Brandenburgs. Einmal im Jahr wird der
Schlossgarten zur großen Kulisse, strömen Hunderte zum "Picknick in
Weiß".
Ein riesiges Spektakel unter freiem Himmel. Rustikal dagegen ist die
Atmosphäre am Imbissstand von Doris Seidler in Teschendorf. Direkt an
der B96 gelegen, geht das Geschäft mit Thüringer Bratwürsten und
Erbsensuppe aus der Gulaschkanone besonders gut. Seit Jahren steht
die zierliche Frau in ihrem Verkaufsstand und bedient Trucker Fahrer,
Urlauber und Pendler. Für die Brandenburgerin ist die Straße ein
Segen - knapp 50 Kilometer weiter ist die B96 für die Bewohner von
Fürstenberg ein Fluch.
Bereits 2013 beantragte die "Wasserstadt" den Titel "Staatlich
anerkannter Erholungsort". Eigentlich spricht nichts dagegen, denn
Fürstenberg liegt inmitten von Seen und war bereits 1920 Luftkurort.
Der Antrag scheiterte, an der B96. Die Bürgerinitiative "B96 raus"
kämpft seit Jahren für eine Umgehungsstraße. Bisher wurden 37
Möglichkeiten, die Stadt zu umfahren, diskutiert. Drei Varianten
stehen noch zur Wahl.
Wofür die Fürstenberger kämpfen, ist in Neustrelitz bereits Realität:
eine Umgehungsstraße durch den Ort. Auch deshalb ist die Stadt im
südlichen Mecklenburg besonders bei Senioren beliebt. Die Hälfte der
Bewohner ist über 50 Jahre alt, ein Drittel sogar über 60. Sie sind
die Macher der Stadt, mit Salonorchester, PC-Senioren und einem
aktiven Seniorenrat. Und das spricht sich rum. Immer mehr ältere
Menschen kommen aus den alten Bundesländern, wie Renate Brosch. Die
Düsseldorferin spielt im Seniorentheater und hat sich damit einen
Traum erfüllt.
Landschaftlich ist dieser Streckenabschnitt der B96 besonders schön,
führt er doch durch den Müritz-Nationalpark. Im Dorf Weisdin steht
ein historisches Kleinod: ein zweistöckiger Barockbau, Mitte des 18.
Jahrhunderts erbaut. Zwei Jahre stand es zum Verkauf, bis Manfred
Achtenhagen zahlungskräftige Käufer fand. Der Immobilienmakler hat
sich auf den Verkauf von Gutshäusern und Schlössern in
Mecklenburg-Vorpommern spezialisiert. "Nirgendwo in Deutschland gibt
es diese Dichte an historischen Gutshäusern", weiß der Experte. Und
auch für den kleineren Geldbeutel ist immer noch etwas zu haben, zum
Beispiel in Groß Schönefeld, etwas abseits der B96.
Wieder auf der Route, ist Neubrandenburg das nächste Ziel. Nach der
Wende kam Günther Weber nach Mecklenburg. Der Maschinenbauer aus
Hessen wollte hier einen weiteren Produktionsstandort für seine
Wurst-, Käse- und Fleisch-Schneidemaschinen aufbauen. Er bekam
günstig ein Grundstück, investierte und blieb. Heute arbeiten im Werk
500 Menschen, verlässt jeden zweiten Tag eine Maschine die
Produktion. Vor gut einem Jahr hat der Unternehmer der Stadt eine
Orgel für die Konzertkirche gespendet.
Auf der alten Route der B96 geht es weiter nach Burow. Das Leben der
Menschen hier wurde und wird durch die Landwirtschaft bestimmt. Aus
der ehemaligen landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft - kurz
LPG - ist heute die Burower Gutsmilch GmbH geworden. Zum Betrieb
gehören über 900 Milchkühe und fast 1350 Hektar Nutzfläche. Frank
Kurzhals hat den Betrieb von seinem Vater übernommen und ist
Geschäftsführer. Die schwankenden Milchpreise und der Mangel an
qualifiziertem Nachwuchs machen auch diesem Betrieb zu schaffen.
Bis an die Ostsee ist es nun nicht mehr weit. Man sieht bereits die
Türme der Altstadt von Sankt Jakobi, Sankt Marien und Nikolai. Die
Altstadt von Stralsund gehört mit ihren unzähligen Sehenswürdigkeiten
zum UNESCO-Weltkulturerbe. Im Mittelalter gegründet, war Stralsund
eine der wichtigsten Handelsstädte im Ostseeraum. Wahrzeichen der
Stadt ist heute die neue Rügen-Brücke.
Nach nur dreijähriger Bauzeit wurde die 2,6 Kilometer lange,
elegante, schiffsähnliche Brücke 2007 eingeweiht. Ein gigantisches
Bauwerk und eine architektonische Meisterleistung, die direkt neben
dem alten Rügen-Damm mit der Ziegelgrabenbrücke steht. Ohne Stau und
Wartezeiten fährt man nun vom Festland auf die größte Insel
Deutschlands. Martin Steinkühler war einer der verantwortlichen
Ingenieure und ist bis heute stolz, an dem Bau beteiligt gewesen zu
sein.
Bis zum Ziel der Reise auf der B96 ist es nicht mehr weit. Im
Kreisverkehr von Sassnitz endet die längste Straße durch den Osten
der Republik. Unweit davon steht das höchste Gebäude von Sassnitz,
das legendäre "Rügen-Hotel". Die Fassade des Neungeschossers hat noch
immer den Charme von damals und ist dennoch fast immer ausgebucht.
Am Ende unserer Reise treffen wir auf das junge Team von der Firma
"Kutterfisch". Im Stadthafen von Sassnitz betreibt Geschäftsführer
Phillipp Bruns eine kleine Markthalle mit Fischverkauf und großem
Restaurant. 35 Mitarbeiter zählen zur Belegschaft, ein Team aus
Rüganern und Zugezogenen. Wer von wo kommt, spielt in ihrer
Generation kaum eine Rolle. Was zählt, ist ein gutes Arbeitsklima,
wirtschaftlicher Erfolg und die Liebe zu Rügen.
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Datum: 19.02.2019 - 10:32 Uhr
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