BERLINER MORGENPOST: Die SPD ist (un-)gerecht / Kommentar von Birgitta Stauber
(ots) - Keine Frage, die Wirtschaft brummt derzeit in
Deutschland: Die Zahl der Arbeitslosen hat sich seit 2005, als unter
dem damaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder die Hartz-IV-Reformen
eingeführt wurden, mehr als halbiert. Gut geht es deshalb noch lange
nicht jedem, und gerecht geht es in der Arbeitswelt auch selten zu.
Vielen Menschen reicht der Lohn nicht zum Leben, sie müssen mit Hartz
IV aufstocken. Viele wünschen sich mehr Entwicklung, sie sind
unglücklich in ihren Jobs, haben aber Angst, in die ungeliebte
Sozialleistung abzugleiten. Der Niedriglohnsektor ist hoch wie nie,
und zwar trotz Mindestlohn. Hinzu kommt die wachsende Angst vor der
Altersarmut. Ebendiese Menschen, die sich vor Absturz und dem Alter
fürchten, die sich nach Gerechtigkeit sehnen und Sicherheit, die
versucht nun eine SPD, die dabei ist, den Status einer Volkspartei zu
verlieren, für sich einzunehmen. Im Gespräch ist eine Respekt-Rente
für Geringverdiener oder ein sanktionsfreies Bürgergeld, das Hartz IV
ablöst. Und nun verspricht Parteichefin Nahles eine Art
Alters-Arbeitslosengeld I von knapp drei Jahren für über 50-Jährige,
die ihren Job verlieren. Kurz: Wer einen schlecht bezahlten Job hat
und wenig Perspektiven, wer arm ist oder von Armut bedroht, soll es
besser haben. Doch jeder Versuch, die Armut zu lindern, schafft neue
Ungerechtigkeiten. So zieht die angepeilte Respekt-Rente erst nach 35
Erwerbsjahren. Was ist mit denen, die 33 oder 34 Jahre gearbeitet
haben? Oder der 49-Jährige, der betriebsbedingt seinen Job verloren
hat und für seine Kinder sorgen muss: Ist es gerecht, wenn er
schneller in Hartz IV rutscht als der 62-Jährige, der kurz vor der
Rente steht? Noch ein Wort zum bedingungslosen Bürgergeld: Wenn das
Prinzip Fördern und Fordern nicht mehr gilt, ist die Gefahr groß,
dass die Betroffenen sich selbst überlassen bleiben. Gerecht ist auch
das nicht.
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Datum: 06.02.2019 - 21:57 Uhr
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