Karl-Theodor zu Guttenberg: "Schicken Sie Ihre Mitarbeiter zum Lernen nach Shenzhen"
(ots) - Karl-Theodor zu Guttenberg auf dem
Deutschen Medienkongress: Die Welt in Unordnung, die Impulslosigkeit
der EU, Trump, der Machtanspruch Chinas sowie Google und Co, die
Felder staatlichen Handelns übernehmen. Es ist ein großer Bogen, den
der Ex-Bundesminister beim Deutschen Medienkongress zieht.
Falls sich jemand mal gefragt hat, ob Karl-Theodor zu Guttenberg
Kanzler kann. Er kann - zumindest, was die Zeichen der Macht angeht.
Hier und da die Hände zusammen, dann die Arme wieder ganz geöffnet,
manchmal die Hände einfach zur perfekten Merkel-Raute geformt. Reden?
Das kann der heutige Chairman von Spitzberg Partners LLC sowieso. Der
ehemalige Bundeswirtschafts- und Verteidigungsminister sprach beim
Deutschen Medienkongress in der Alten Oper zu Frankfurt über ein
Thema, das kaum größer hätte sein können: "Weltordnung in
Transformation". Und auch wenn er in einem HORIZONT-Gespräch im
Vorfeld des Kongresses erneut alle politischen Ambitionen von sich
weist, gibt Guttenberg den Pfadfinder, erklärt, zeigt Zusammenhänge
und langfristige Entwicklungen auf, nennt Gefahren für die
freiheitlich-demokratische Grundordnung.
Als Redner auf dem Deutschen Medienkongress führte er seine
Zuhörer zu so ziemlich jedem Krisenherd der Welt, angefangen vom
Weißen Haus über den vergessenen Nachbarkontinent Afrika, wo künftig
40 Prozent der Weltbevölkerung leben, bis nach China, mit den
Zwischenstationen Putin und EU. Letzterer attestiert er eine
"atemberaubende Impulslosigkeit". "Diese Entwicklungen haben bei den
Menschen ein Höchstmaß an Verunsicherung geschaffen." Und weiter:
"Das ist der Nährboden für populistische Entwicklungen und leichte
nationale oder nationalistische Antworten."
Zu den Risiken für die freiheitlich-demokratische Ordnung gehört
für zu Guttenberg auch ein Trend, den er als "vom Government zum
Googlement" umschreibt. "Die großen Techkonzerne haben, lange Zeit
unbemerkt, Kernelemente staatlichen Handelns mitübernommen und
beeinflusst", sagt der ehemalige Politikstar der CSU. "Wenn Facebook
heute 2,3 Milliarden Nutzer hat, dann erschließt sich daraus ein
gewaltiges Machtpotenzial. Das kann man nicht einfach vom Tisch
wischen." Wie mächtig die Konzerne sind, erläutert Guttenberg auch an
Alphabet. Die Google-Mutter hatte im Jahr 2017 Einnahmen von 111
Milliarden US-Dollar - das entspricht dem Bruttoinlandsprodukt der
Ukraine, von Marokko oder Ecuadors. "Google bestimmt heute erheblich
die Wertigkeit eines Unternehmens mit." Auf diese Machtfülle
reagieren die klassischen staatlichen Institutionen aus seiner Sicht
entweder mit Panikattacken oder "nacheilendem Agieren ohne
irgendwelche Kreativität". "Es gibt faktisch eine Machtverschiebung",
stellt er fest.
Guttenberg fordert dazu auf, über einen neuen Gesellschaftsvertrag
nachzudenken. Vor allem, weil ein Blick nach China reiche um zu
erkennen, wie politische und technologische Entwicklungen
ineinanderfließen können und Systeme verändern. Das Reich der Mitte
habe längst einen globalen Anspruch formuliert, der tief in die
geopolitischen Strukturen reicht. Und es gebe in Europa Personen, die
durchaus eine Sympathie für das chinesische System entwickelten. Es
sei ein Fehler, China zu unterschätzen, ist Guttenberg überzeugt.
"Schicken Sie Ihre Mitarbeiter zum Lernen nicht ins Silicon Valley,
sondern nach Shenzhen."
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Datum: 22.01.2019 - 14:54 Uhr
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