Spitzenverbände präsentieren Kosten eines vorzeitigen Kohleausstiegs: Mehrbelastung von bis zu 54 Milliarden Euro bis 2030
(ots) -
- Kompensation und regelmäßige Überprüfungen als Bedingung für
Zustimmung
- BDI, DIHK und BDA veröffentlichen Studie
Ein politisch beschleunigter Rückgang der Kohleverstromung
verursacht bis 2030 erhebliche zusätzliche Kosten von mindestens 14
bis zu 54 Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des
Beratungsunternehmens Aurora Energy Research im Auftrag des
Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und des Deutschen
Industrie- und Handelskammertages (DIHK). BDI und DIHK stellten die
Untersuchung am Dienstag in Berlin gemeinsam mit der
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) vor.
Die erwarteten Mehrkosten resultieren aus Strompreissteigerungen,
die sowohl Unternehmen als auch private Haushalte treffen würden. Die
Spitzenverbände fordern die Bundesregierung dazu auf, dem Anstieg der
Strompreise mit fest zugesagten Strompreisentlastungen für
Verbraucher zu begegnen.
Die enorme Bandbreite der Strompreiseffekte ergibt sich aus der
ungewissen Entwicklung der Energierohstoffpreise. Mit der Festlegung
eines starren Abschaltplans für Kohlekraftwerke würde die Politik die
deutsche Wirtschaft einem massiven Risiko aussetzen.
Deshalb fordern die Spitzenverbände eine detaillierte Überprüfung
der energie-, klima-, industrie- und strukturpolitischen Lage in
Deutschland jeweils in den Jahren 2023 und 2026 und zu Beginn der
2030er Jahre. Erst auf Basis der Ergebnisse an diesen klar
definierten "Checkpoints" dürfe die Politik über weitergehende
Kraftwerksschließungen entscheiden.
Die Strompreise in Deutschland gehören bereits heute zu den
höchsten in der Europäischen Union. Jede zusätzliche Preiserhöhung
würde die Wachstumsaussichten der Wirtschaft nicht nur in den
Kohleregionen, sondern in ganz Deutschland einschränken. Eine
Kompensation der zu erwartenden Strompreissteigerungen ist für die
Spitzenverbände daher zwingende Voraussetzung für ihre Zustimmung zu
einem politisch beschleunigten Ausstieg aus der Kohleverstromung. Die
Verbände fordern deshalb einen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt bei
den Netzentgelten in Höhe von mindestens zwei Milliarden Euro pro
Jahr. Diese Maßnahme fängt für Industrieunternehmen, Mittelstand
sowie private Haushalte den Strompreisanstieg auf.
Vor allem ist die besonders stromintensive Industrie vom Rückgang
der Kohleverstromung betroffen. Für sie kann ein Zuschuss zu den
Netzentgelten die Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen
Wirtschaftsräumen wie China oder den USA nicht ausgleichen. BDI, DIHK
und BDA fordern deshalb, die Strompreiskompensation für die
indirekten Kosten des Emissionshandels über 2020 hinaus zu verlängern
und zu erhöhen sowie beihilferechtliche Voraussetzungen für ein
neues, passgenaues Entlastungsinstrument zu schaffen.
BDI-Präsident Dieter Kempf: "Der beschleunigte Rückgang der
Kohleverstromung droht die Strompreise bis 2030 um bis zu 54
Milliarden Euro zu erhöhen. Ohne Kompensation für unsere Unternehmen
würde dieser politisch getriebene Anstieg der Strompreise dem
Wirtschaftsstandort Deutschland schwerste Schäden zufügen."
DIHK-Präsident Eric Schweitzer: "Aufgrund der hohen Unsicherheit
bei den zukünftigen Energierohstoffpreisen plädiere ich für klar
definierte "Checkpoints" 2023, 2026 und zu Beginn der 2030er Jahre.
Kraftwerke dürfen erst dann geschlossen werden, wenn die
Voraussetzungen für wettbewerbsfähige Strompreise, eine sichere
Versorgung sowie für einen erfolgreichen Strukturwandel gegeben
sind."
BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter: "Deutschlands Wohlstand
hängt maßgeblich auch von der Wettbewerbsfähigkeit der
energieintensiven Wirtschaft ab. Hierbei sind bezahlbare Strompreise
und die Sicherstellung von Versorgungssicherheit unverzichtbar. Ein
überhasteter Ausstieg aus der Kohleverstromung muss ausgeschlossen
werden, da sonst Wohlstand und Arbeitsplätze gefährdet sind."
Die drei Mitglieder der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und
Beschäftigung" machen deutlich: "Eine Kompensation der zu erwartenden
Stromkostensteigerungen ist für uns Voraussetzung für die Zustimmung
zu einem politischen Ausstieg aus der Kohleverstromung."
In der Studie wurden die Auswirkungen einer vorzeitigen
Reduzierung der Kohleverstromung für zwei mögliche Szenarien
betrachtet: Im politischen Zielszenario wird das Ziel von 65 Prozent
erneuerbarer Energien am Stromverbrauch im Jahr 2030 erreicht, die
Rohstoffpreise folgen der heutigen Entwicklung. Im Risikoszenario
vergrößert sich die Differenz zwischen internationalen Steinkohle-
und Erdgaspreisen. Dieser Trend fußt auf historischen
Preissensibilitäten der Energierohstoffe. Der Ausbau der erneuerbaren
Energien folgt den EEG 2017-Pfaden (52 Prozent erneuerbare Energien
am Stromverbrauch 2030, inkl. Sonderausschreibungen). Für beide
Szenarien wird eine vorzeitige, staatlich induzierte Abschaltung in
einer Größenordnung von 10 Gigawatt Kohlekapazitäten bis 2023 und
eine weitere Reduzierung der Kohlekapazität auf 16 Gigawatt im Jahr
2030 modelliert. Dies wird mit der zu erwartenden marktlichen
Entwicklung ohne politische Kohlemaßnahme verglichen.
Die komplette Studie mit Kernergebnissen finden Sie hier.
https://bdi.eu/media/publikationen/#/publikation/news/auswirkungen
-der-schliessung-von-kohlekraftwerken-auf-den-deutschen-strommarkt/
Zum BDI-Positionspapier gelangen Sie hier.
https://bdi.eu/media/publikationen/#/publikation/news/evaluierung-
der-europaeischen-energiesteuerrichtlinie/
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Datum: 22.01.2019 - 10:14 Uhr
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