Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Trump: Zehn Minuten heiße Luft von Thomas Spang
(ots) - Donald Trump missbrauchte die Bühne des Oval
Office für ein absurdes Theater. Die Kulisse vor der seine Vorgänger
über Krieg und Frieden sprachen, diente diesem Präsidenten für die
Fabrikation einer "Krise" an der Südgrenze zu Mexiko, die es
überhaupt nicht gibt. Tatsächlich ist die Zahl der illegalen
Grenzgänger auf das niedrigste Niveau seit 45 Jahren gefallen. Die
Zahl der Festnahmen sank von 1,6 Millionen zur Jahrtausendwende auf
400 000 im vergangenen Jahr. Trump lieferte nicht einen Beweis für
seine Behauptung, 4000 Terroristen kämen über die Südgrenze. Laut
offizieller Statistik seines eigenen Außenministeriums nahmen die
Grenzbeamten dort nicht einen einzigen Terroristen fest. Es stimmt,
dass 90 Prozent der Opiate über die Südgrenze ins Land kommen. Nur
leider ändert eine Mauer nicht viel daran. Denn die Drogen kommen
fast ausschließlich über die offiziellen Übergänge in die USA und
nicht über die grüne Grenze. Der Präsident garnierte seine zehn
Minuten an Falsch- und Halbwahrheiten mit selektiven
Horror-Geschichten über Verbrechen, die von illegalen Einwanderern
verübt worden waren. Als ob die Verbrechen Einzelner etwas über die
Bedrohung durch eine Gruppe aussagten. So polemisieren Hetzer, die
Minderheiten einen schlechten Charakter anhängen wollen. Legt man
diesen Maßstab an, sind in den USA geborenen Amerikaner im Verhältnis
sehr viel krimineller als Einwanderer oder Flüchtlinge. Nicht einmal
seinen eigenen Anhängern lieferte Donald Trump das, was diese sich
von der Ansprache aus dem Oval Office erhofft hatten: die Ausrufung
eines nationalen Notstands an der Grenze. Es kann allerdings nicht
ausgeschlossen werden, dass der Präsident dies bei seinem Besuch in
Texas am heutigen Donnerstag nachholt. Die Mauerrede wäre dann so
etwas wie ein Präludium für diesen bedenklichen Schritt gewesen.
Zudem verpasste Trump seine Chance zu erklären, warum er die 800 000
Bundesbediensteten mit einer Haushaltssperre zu Geiseln seines
Mauerversprechens macht. Die Demokraten haben mit ihrer Entgegnung
die Oberhand in dem Streit um den Nachtragshaushalt erhalten.
Speakerin Nancy Pelosi und der Minderheitsführer im Senat legten
überzeugend dar, warum 5,7 Milliarden Dollar für eine Mauer nicht nur
eine Verschwendung von Steuern wären, sondern auch keinen Sinn
machen. Warum legt Trump die amerikanische Regierung still, wenn er
Mexiko für den Grenzwall zahlen lassen will? Das ist so absurd wie
die Behauptung einer "humanitären Krise". In einem hat der Präsident
allerdings Recht. Die Situation an der Grenze sei "eine Wahl zwischen
richtig und verkehrt, gerecht und ungerecht". Wohl wahr. Wer
Flüchtlingskinder aus den Armen ihrer Mütter reist, sie in Käfige
sperrt, Regierungsbedienstete mit Lohnentzug abstraft und mit der
Ausrufung eines Notstands kokettiert, hat seine Wahl getroffen. Trump
hat sich in der Mauerfrage verrannt. Er kann es sich nicht leisten,
seiner Basis vor den Kopf zu stoßen, die ihn wegen seines zentralen
Wahlkampfversprechens ins Weiße Haus geschickt hat. Gleichzeitig kann
er nicht einmal die Senatoren in seiner eigenen Partei auf Kurs
bringen; geschweige denn die demokratische Mehrheit im
Repräsentantenhaus. Der Grenzwall ist ein teures Symbol, das in der
Praxis nicht viel bringt. Trump wird im Streit um den
Nachtragshaushalt und der Haushaltssperre nicht noch einmal aus dem
Oval Office zu seinen Landsleuten sprechen können. Die Kugel hat er
verschlossen. Die zehn Minuten heiße Luft ohne Nachrichtenwert hätte
der Präsident sich und der Nation ersparen sollen. Sie waren der
Würde des Oval Office nicht angemessen.
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