BERLINER MORGENPOST: Griff nach den Sternen / Leitartikel von Michael Backfisch zu Chinas Mond-Mission
(ots) - Kurzform: Peking strebt mit Macht nach oben: in der
Wirtschaft, beim Militär - und neuerdings auch im Weltraum.
Jahrzehntelang war die Eroberung des Alls ein Zweikampf zwischen
Amerikanern und Russen. Nun gelang China die erste Landung einer
Raumsonde auf der Rückseite des Mondes. Die anspruchsvolle Operation
unterstreicht: Die Volksrepublik will technologische Großmacht sein.
Im Gegensatz zum Westen, wo sich der Puls der Politik nach dem
nächsten Wahltermin richtet, plant das staatskapitalistische China
äußerst langfristig. Chinas Vorgehen unterscheidet sich gravierend
von der Kurzatmigkeit der Politik im Westen.
Der vollständige Leitartikel: Peking strebt mit Macht nach oben:
in der Wirtschaft, beim Militär - und neuerdings auch im Weltraum.
Jahrzehntelang war die Eroberung des Alls ein Zweikampf zwischen
Amerikanern und Russen. Nun gelang China die erste Landung einer
Raumsonde auf der Rückseite des Mondes. Die anspruchsvolle Operation
unterstreicht: Die Volksrepublik will technologische Großmacht sein.
Noch in diesem Jahr soll eine weitere Sonde Gesteinsproben vom Mond
auf die Erde bringen. Die Einrichtung einer bemannten Raumstation ist
für 2022 anvisiert. 2030 soll der erste Chinese auf dem Mond landen.
Im Gegensatz zum Westen, wo sich der Puls der Politik nach dem
nächsten Wahltermin richtet, plant das staatskapitalistische China
äußerst langfristig. Das lässt sich auch in der Wirtschaft
beobachten. So hat das Riesenreich in Fernost die Initiative "Made in
China 2025" aufgelegt. Bis dahin will das Land in zehn
Schlüsseltechnologien von der Luftfahrt bis zur Elektromobilität
weltweit führend sein. Dass Peking hier mit harten Bandagen antritt,
hat die ehemals überlegene deutsche Solarindustrie erfahren. Mit
Billigpreisen und milliardenschweren Subventionen fegten chinesische
Unternehmen die Konkurrenz vom Markt. In weiten Teilen der Welt
erkauft sich Peking politisches Wohlverhalten durch eine Art
Schulden-Diplomatie. Das Mammutvorhaben der "Neuen Seidenstraße" soll
für viele Milliarden Dollar Infrastrukturprojekte zwischen Ostasien
und Westeuropa schaffen. China vergibt zinslose Kredite, baut
Autobahnen oder Schienenverbindungen - und hält sich so Kritik, etwa
an der Lage der Menschenrechte, vom Hals. Das funktioniert in vielen
Staaten Afrikas, die die energiehungrige Wirtschaft Chinas mit
Rohstoffen beliefern. Aber auch in Mittel- und Osteuropa wird Peking
immer aktiver. Mitten in der Eurokrise pachtete ein Staatskonzern die
Hälfte des Athener Containerhafens in Piräus. Offiziell wurde dies
als Hilfsaktion für das pleitebedrohte Griechenland verkauft. Doch
auch hier gilt: Das nationale Interesse Chinas wird mit langem Atem
verfolgt. Die Regierung will in Europa einen Fuß in der Tür haben und
politisch und wirtschaftlich Einfluss ausüben. In militärischer
Hinsicht legt China neuerdings eine kraftmeierische Sprache an den
Tag, die früher so nicht erkennbar war. Die Drohung von Staats- und
Parteichef Xi Jinping, die demokratische Inselrepublik Taiwan
notfalls gewaltsam mit dem Festland zu vereinigen, gehört in diese
Kategorie. Die Botschaft ist auch an die USA gerichtet. China
betrachtet den Pazifik als seinen Hinterhof und will die
amerikanische Militärpräsenz dort herunterfahren. Peking steht auch
hinter den Forderungen Nordkoreas, das ein Ende der gemeinsamen
Manöver zwischen den Vereinigten Staaten und Südkorea fordert. Chinas
Vorgehen unterscheidet sich gravierend von der Kurzatmigkeit der
Politik im Westen. Das gilt insbesondere für die erratischen
Ausschläge von US-Präsident Donald Trump: Er setzt vor allem auf
PR-Knalleffekte. Aber auch die EU und Deutschland könnten bei der
politischen Zukunftsplanung zumindest ein bisschen von den Chinesen
lernen. Wahltaktische Reflexe - weg mit Hartz IV oder sofortige
Abschiebung aller straffällig gewordenen Asylbewerber - sorgen in
erster Linie für Aufregung vor dem nächsten Urnengang. Viel wichtiger
wäre aber die Frage: Mit welchen Firmen-Champions will Europa auf dem
Weltmarkt punkten? Derlei konzeptionelles Denken kommt bei uns zu
kurz.
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Datum: 03.01.2019 - 21:15 Uhr
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