BERLINER MORGENPOST: Neue Freiheit am Reichstag / Kommentar von Ulrich Kraetzer zur Sicherheit
(ots) - Kurzform: Einschränkungen der Freiheit bedürfen
einer Begründung. Der pauschale Hinweis auf eine "hohe abstrakte
Gefährdung" reicht nicht aus. Wenn der Staat seinen Bürgern Umwege
und Unannehmlichkeiten zumutet, muss er sich erklären. Regelmäßig.
Das ist er uns schuldig. Denn absolute Sicherheit gibt es in einer
liberalen Gesellschaft ohnehin nicht. Das hat sich in Amberg gezeigt.
Und auch in Bottrop. Und - so traurig es ist - es wird sich auch noch
an anderen Orten zeigen. Wir sollten uns also nicht einschüchtern
lassen. Sondern das Recht auf den öffentlichen Raum verteidigen.
Gegen Terroristen. Und gegen einen Staat, der es mitunter vergisst,
die Sinnhaftigkeit seiner Maßnahmen regelmäßig selbst zu
hinterfragen.
Der vollständige Kommentar: Auf der einen Seite steht das
Bedürfnis nach Sicherheit, auf der anderen das Bedürfnis nach
Freiheit. Beides ist ein hohes Gut. Beides darf nicht leichtfertig
eingeschränkt werden. Aber mitunter stehen Freiheit und Sicherheit im
Widerspruch zueinander. Ein Beispiel von vielen: Der
Friedrich-Ebert-Platz auf der Rückseite des Reichstagsgebäudes. Als
es 2010 eine konkrete Terrorwarnung gab, wurde die Fläche gesperrt.
Ausgerechnet die Volksvertreter haben sich also abgeschirmt,
Berlinern und Besuchern der Stadt lange Umwege und Unannehmlichkeiten
zugemutet. Nicht nur vorübergehend während der Terrorwarnung, sondern
bis zum heutigen Tag. In wenigen Wochen sollen die Gitter nun fallen
- zumindest in der sitzungsfreien Zeit. Das ist gut so. Denn
natürlich muss der Staat die Sicherheit gewährleisten. Und natürlich
müssen die Bürger im eigenen Interesse dafür hin und wieder
Absperrungen in Kauf nehmen. Allzu oft aber werden
Sicherheitsmaßnahmen, die vorübergehend vielleicht notwendig waren,
zur Dauereinrichtung. So war es am Friedrich-Ebert-Platz. So ist es
wenige Hundert Meter weiter an der Wilhelmstraße vor der britischen
Botschaft. Das ist fatal. Denn Einschränkungen der Freiheit bedürfen
einer Begründung. Der pauschale Hinweis auf eine "hohe abstrakte
Gefährdung" reicht nicht aus. Wenn der Staat seinen Bürgern Umwege
und Unannehmlichkeiten zumutet, muss er sich erklären. Regelmäßig.
Das ist er uns schuldig. Denn absolute Sicherheit gibt es in einer
liberalen Gesellschaft ohnehin nicht. Das hat sich in Amberg gezeigt.
Und auch in Bottrop. Und - so traurig es ist - es wird sich auch noch
an anderen Orten zeigen. Wir sollten uns also nicht einschüchtern
lassen. Sondern das Recht auf den öffentlichen Raum verteidigen.
Gegen Terroristen. Und gegen einen Staat, der es mitunter vergisst,
die Sinnhaftigkeit seiner Maßnahmen regelmäßig selbst zu
hinterfragen.
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Datum: 03.01.2019 - 21:09 Uhr
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